»Mob auf der Straße ­legitimiert«

»Es gibt kein Menschenrecht auf Israel-Kritik. Gegen den antisemitischen Konsens« – unter diesem Motto plant das »Bündnis gegen Israel-Kritik NRW« für den 6. September eine Demonstration in Köln. Der Aufruf ist unter www.israelkritik.de zu finden. Die Jungle World hat mit einem Organisator der Demonstration gesprochen.

Ihre Gruppe nennt sich »Bündnis gegen Israel-Kritik«. Wollen Sie die Kritik an Israel verbieten?
Wir wollen nichts verbieten. Aber dieser Reaktion begegnen wir häufig, ebenso wie der Floskel: »Man wird ja wohl Israel noch kritisieren dürfen.« Anders als diejenigen, die so fragen, glauben machen wollen, ist Israel-Kritik in Deutschland ein Massensport und keine unterdrückte Meinung. Es geht den selbsternannten Israel-Kritikern nicht darum, Israel zu kritisieren, sondern um eine zeitgemäße Formulierung ihres antisemitischen Ressentiments.
Ist jede Kritik an Israel antisemitisch?
Israel ist ein in seiner Existenz bedrohter Staat, zu dem es keine Alternative gibt. Anders als jeder andere wurde dieser Staat mit dem Ziel gegründet, den von Antisemitismus bedrohten Menschen Schutz zu bieten. Israel ist der Jude unter den Staaten und Israel-Kritik ist das geopolitische Äquivalent des Antisemitismus.
Wie würden Sie das Verhältnis zwischen der deutschen Mehrheitsgesellschaft und den vorwiegend muslimisch geprägten Gaza-Demonstrationen der vergangenen Wochen beschreiben?
Das Verhältnis der deutschen Öffentlichkeit zu diesen Demonstranten ist ambivalent. Einerseits sind diese Demonstrationen denen peinlich, die gewohnt sind, im Namen der Allgemeinheit zu schreiben, und schon deshalb meinen, Verantwortung für Deutschland übernehmen zu müssen. Denen stößt ein zu offensichtlich zur Schau getragener Antisemitismus auf, weil er den Ruf Deutschlands gefährden könnte. Andererseits wurden diese Demonstrationen gerade durch die Art der Berichterstattung in den Medien vorbereitet.
In welcher Hinsicht?
Immer wieder wurde eine Verhältnismäßigkeit der Mittel von Israel gefordert und zur Unterlegung dieses Arguments das Ungleichgewicht der Opferzahlen hervorgehoben, so als wäre die Verteidigung Israels erst gerechtfertigt, wenn mehr Juden umgebracht werden. Die Israel-Kritik befeuerte eine Stimmung, durch die der Mob auf der Straße sich als ausreichend legitimiert sehen konnte, um den Worten Nachdruck zu verleihen.