Die rassistische Fußballfangruppe Karlsbande Ultras wurde wieder erlaubt

Neues Banner, alte Bande

Alemannia Aachen hat die Auflagen gegen eine berüchtigte Ultra-Gruppe aufgehoben. Diese beging in der Vergangenheit unter anderem Gewalttaten gegen antirassistische Fans. Dass ihre Mitglieder einen Sinneswandel vollzogen haben, ist zweifelhaft.

Die Besucher im Aachener Fußballstadion Tivoli staunten Anfang September nicht schlecht beim Spiel von Alemannia Aachen gegen die Sportfreunde Lotte in der Regionalliga West. Denn da war sie wieder, die Zaunfahne der Karlsbande Ultras (KBU). Fast zwei Jahre lang war sie nicht mehr zu sehen gewesen, nachdem der Verein im August 2012 für sämtliche Heimspiele »alle Banner, Fahnen, Zaunfahnen und Schriftzüge« der KBU verboten hatte. Ausschlaggebend für das Verbot waren wiederholte Angriffe auf die antirassistischen Aachen Ultras, die vom Umfeld und von Mitgliedern der KBU sowie von extrem rechten Aachener Hooligans ausgegangen waren.

Nun habe man sich zusammengesetzt und beschlossen, das öffentliche Auftreten der Karlsbande im Stadion »erst einmal wieder zu genehmigen«, heißt es von Vereinsseite auf Nachfrage. Zum ersten Heimspiel der Saison gegen den FC Hennef 05 Anfang August zeigte die Gruppe vor Anpfiff ein Spruchband, auf dem zu lesen war: »Rechtsextremismus und Rassismus haben bei uns keinen Platz.« Der Geschäftsführer des Vereins, Alexander Mronz, nannte das gegenüber der Taz »einen Schritt in die richtige Richtung«. Tatsächlich dürfte das Bekenntnis auf dem Spruchband eine wichtige Rolle in der Entscheidung zur Aufhebung des Verbots gespielt haben.
Bei genauerer Betrachtung erscheint die plakative Distanzierung der Karlsbande jedoch fragwürdig. Als am 30. August die bekannte extrem rechte Hooligan-Band Kategorie C keine zehn Kilometer südlich von Aachen in der Diskothek »New Quinta« im belgischen Eynatten auftrat, waren mindestens drei Mitglieder der KBU anwesend. Dies belegen Fotos auf der Facebook-Seite der Band. Einer der Männer trug sogar ein T-Shirt, das nur für den harten Kern der Gruppe erhältlich sein soll. Die Vermutung liegt also nahe, dass es sich nicht um irgendjemanden aus dem weiteren Umfeld handelt.
Es ist nicht das erste Mal, dass die Karlsbande negativ auffällt. Als die Polizei im November 2012 nach einem Angriff auf einen Mitarbeiter des ­Aachener Fanprojekts und einige Mitglieder der ­Aachen Ultras den Reisebus der Karlsbande durchsuchte und die Personalien der Insassen aufnahm, stießen die Beamten nach eigenen Angaben auf »mindestens zwei bekannte Rechtsex­tremisten«. Im März 2013 druckten die KBU in ihrem Fanzine Banderole einen Text ab, in dem der Verein Preußen Münster als »Judenclub« bezeichnet wird. Homophobe Rufe, Gewaltandrohungen und tätliche Angriffe gehören ohnehin seit Jahren zum festen Repertoire der Gruppe.
Da verwundert es auch kaum, wenn Mitglieder der Karlsbande mit Nazis und rechten Hooligans feiern. Die weiteren Fotos auf der Facebook-Seite von Kategorie C lassen jedenfalls wenig Zweifel daran, welche Gesinnung Musiker und Zuhörer vertreten. »Antifa, halt’s Maul!« steht auf einem T-Shirt, »Ruhm und Ehre« auf einem anderen, beide aus dem Sortiment der Band. Der Bassist trägt ein T-Shirt der Marke »Ansgar Aryan«, die beiden Gitarristen haben sich mit Artikeln von »Thor Steinar« eingekleidet. Sänger Hannes Ostendorf ist mit einem Unterhemd der Marke »Erik & Sons« und einem gelben T-Shirt mit der Aufschrift »Westwall« zu sehen, was auch der Name einer bekannten extrem rechten Aachener Hooligan-Gruppe ist.
Wie die antifaschistische Zeitung Lotta berichtet, schloss sich »Westwall« im September 2013 mit der Mönchengladbacher Hooligan-Gruppe »Frontline« unter dem Namen »Westfront« zusammen. Dieser neuen Verbindung gehören demnach etwa 50 Leute an, wobei die Gruppe ihren Schwerpunkt mittlerweile in Aachen zu haben scheint. Mönchengladbach jedenfalls findet in Selbstdarstellungen keinerlei Erwähnung mehr. Die Gruppe steht offenbar sowohl Rockern als auch dem kriminellen Milieu nahe und hat, auch wenn sie sich selbst eher als unpolitisch darstellt, etliche aktive und ehemalige Neonazis in ihren Reihen.
Einer von ihnen ist Jens B., ein ehemaliges Mitglied der inzwischen verbotenen Kameradschaft Aachener Land. Nach Angaben des Autonomen Zentrums Aachen soll er auch an einem im Januar verübten Angriff auf dessen Räumlichkeiten beteiligt gewesen sein. Er scheint über gute Verbindungen zu Kategorie C zu verfügen. Auf der Internetseite der Band wurde sein Facebook-Profil als Kontaktmöglichkeit für den Erwerb von Tickets für das ursprünglich für Aachen angekündigte Konzert angegeben. Auf Fotos vom Konzert sieht man ihn Arm in Arm mit Ostendorf. Seine Tätowierungen des Wappens von Alemannia ­Aachen sowie des Schriftzugs »Aachen Hooligans« sind dabei gut zu erkennen. Dass die »Schwarze Sonne«, die als Tätowierung seinen linken Unterarm ziert, nicht zu sehen ist, dürfte reiner Zufall sein. Bei einem anderen Gast ist eine ähnliche Tätowierung deutlich zu erkennen.
Überhaupt vermitteln die Fotos und das Statement der Band auf Facebook den Eindruck, als sei man ganz unter sich gewesen in Eynatten. Ein Großteil des Publikums trägt T-Shirts entweder aus dem Merchandise von Kategorie C oder verschiedener Aachener Fangruppen. Unter den Anwesenden befanden sich auch Mitglieder der Kameradschaft Alsdorf Eupen und der rheinland-pfälzische NPD-Funktionär Sascha Wagner.
Ein nicht unwesentlicher Teil der organisierten Aachener Fanszene hat offensichtlich keine Berührungsängste, wenn es um Neonazis und die extrem rechte Subkultur geht. Dass dabei zumindest einzelne Mitglieder der Karlsbande mitmischen, macht jede noch so schön zu lesende Distanzierung von Rechtsextremismus und Rassismus zur Farce. Dass der Verein gerade jetzt das Materialverbot für die Gruppe aufhebt, zeugt zumindest von schlechtem Timing, wahrscheinlicher jedoch von noch immer kaum vorhandenem Problembewusstsein. Für Letzteres spricht, dass beim zweiten Heimspiel im September gegen den KFC Uerdingen den Gästefans untersagt wurde, ein Banner mit der Aufschrift »Kein Bock auf Nazis« ins Stadion mitzunehmen. So etwas wolle in Aachen niemand, soll ein Ordner den Ultras Krefeld zufolge gesagt haben. Offenbar hatte er recht damit.

Nicht nur Alemannia Aachen scheint das Ausmaß der Verschmelzung von extrem rechter Subkultur, Fanszene und Neonazimilieu zu unterschätzen. Nach dem Spiel gegen Hennef sagte Christian Außem, der ständige Einsatzleiter der Polizei bei Heimspielen des Vereins, der Zeitschrift 11 Freunde, man könne die extrem rechten Fans auf den Rängen mittlerweile »an einer Hand abzählen«. Wer sich die Bilder aus Eynatten ansieht, fragt sich allerdings schon, wie viele Finger Außem an einer Hand hat.