Oops!... He did it again

»Feind, Todfeind, Parteifreund« lautet eine gern zitierte Formel von Franz-Josef Strauß (CSU). Das Verhältnis von Strauß und Helmut Kohl (CDU) war von inniger Feindschaft geprägt. Kohls Sicht auf Parteifreunde und vor allem auf Parteifreundinnen, die in dem Buch »Vermächtnis. Die Kohl-Protokolle« von Heribert Schwan und Tilman Jens präsentiert wird, belegt nun aufs Schönste, dass der Altkanzler sich zumindest dieses Diktum seines Intimfeindes zu eigen gemacht hat. »Diese Dame ist ja wenig vom Charakter heimgesucht«, fiel Kohl in den Interviews, die er 2001 und 2002 mit seinem ehemaligen Biographen Schwan führte, zu Angela Merkel ein. Als er sie 1991 ins Kabinett holte, habe sie »nicht richtig mit Messer und Gabel essen können«. Rita Süssmuth sei »eine Schreckschraube, die sich wegen günstiger Todesfälle in der Frauenunion hochhievte ins Kabinett«. »Eines der bösartigsten Weiber in der Geschichte der Republik« sei Hildegard Hamm-Brücher (damals FDP). »Verräter« für Norbert Blüm und »Narr und Rechthaber« für Heiner Geißler klingen da fast schon wie Respektsbekundungen. »Überflüssig zu sagen, dass Politikerinnen besonders übel beschimpft werden«, befindet die Taz. Warum eigentlich? Schließlich dürfte das ein Aspekt von Kohls politischer Losung einer »geistig-moralischen Wende« sein, der bislang ignoriert wurde, wie die Debatte um Rainer Brüderle gezeigt hat. Heftig diskutiert wird allerdings die Frage, ob es fair war, die »Kohl-Protokolle« gegen dessen Willen zu veröffentlichen. Nun, ob es legal war, werden wohl die Gerichte entscheiden. Geht es dem Buch um Voyeurismus, um Zeitgeschichte oder gar um einen »Rachefeldzug«? Dass die Medien darüber streiten, verwundert schon. Die »Kohl-Protokolle« sind keine Familiengeschichte, auch wenn man mittlerweile von einer »Generation Kohl« spricht. Der Mann hat 16 Jahre die Republik regiert, dass er dabei nicht zimperlich war, wusste man. Jetzt kann man es auch lesen.