Autokraten gegen Jihadisten im Nahen Osten

Selbst ist der Scheich

Saudi-Arabien, die Golfmonarchien und Ägypten planen angeblich ein Militärbündnis gegen Islamisten. Viel ist nicht davon zu erwarten.

Der neue Nahe Osten formt sich um: Ein Element, das in Zukunft zur Region gehören könnte, ist eine sunnitische Eingreiftruppe der Autokraten gegen die Jihadisten. Angeblich planen Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Ägypten eine gemeinsame militärische Interventionseinheit für den Nahen Osten. Ob der ambitionierte Plan tatsächlich im Bereich des Möglichen liegt, sei dahingestellt. Wirklich mobile, moderne Militärkontingente kosten nicht nur viel und sind technisch sehr anspruchsvoll – die Bundeswehr lässt grüßen –, noch problematischer erscheint die notwendige Kooperationsbereitschaft sowie die politische Ge- und Entschlossenheit. Ob man das alles erwarten kann, wenn der ehemalige General Abd al-Fattah al-Sisi mit den Golfherrschern am Tisch sitzt und ob da etwas anderes herauskommen kann, als dass die Golfherrscher zahlen und von den USA die Technik kaufen, während al-Sisis Ägypter als bessere Söldner dienen müssen, kann man bezweifeln.
Aber der Plan als solcher passt zur aktuellen Lage im Nahen Osten. Der strategische Rückzug der USA aus der Region und Barack Obamas Hinwendung zum Iran haben die bisherigen Verbündeten der USA zusammen mit dem Aufblühen des »arabischen Frühlings« kalt erwischt. Jetzt geht auch noch der »Islamische Staat« (IS) mit seinem Terrorangebot unter den Sunniten hausieren und es ist eine Frage der Zeit, bis die bärtigen Kämpfer die Grenze nach Jordanien oder Saudi-Arabien passieren werden. Der seltsam ziellose Kampf von Obamas Koalition gegen den IS dient augenscheinlich zu direkt den Interessen des iranischen Regimes, als dass Saudi-Arabien und die Emirate mit ihrer Teilnahme an der Militäraktion nicht auf Dauer Probleme bekommen würden. Schließlich geht es hier gegen ihre eigene Klientel, sunnitische Araber. Andererseits ist es selbst am Golf keine Frage mehr, dass der Jihadismus des IS oder der islamistischen Milizen in Libyen aus Gründen der Selbsterhaltung aktiv bekämpft werden muss.
Al-Sisi hat überdies das Problem mit der Sicherheitslage auf der Sinai-Halbinsel, wo ägyptische Soldaten bei ihrem Antiterrorkampf Teile der Bevölkerung so drangsalieren wie der ehemalige irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki die sunnitischen Iraker. Mit entsprechenden Folgen: Die Jihadisten haben sich im Sinai fest eingenistet. Die hier aktiven Kämpfer der ägyptischen Ansar Bayt al-Maqdis greifen nicht nur die ägyptische Armee recht spektakulär an und untergraben mit ihren Anschlägen al-Sisis Image als General, der endlich für Ordnung sorgt – gerade haben sie auch dem IS den Treueid geschworen. Auch wenn das praktisch vorerst wenig Auswirkungen zeigen mag – eine Ausweitung des erfolgreichen Prinzips IS per Franchise wird kommen. Und langsam muss man am Golf und in Kairo die Sache wohl oder übel selbst in die Hand nehmen. Genauso wie in Libyen und demnächst vielleicht im Jemen.
Eine »sunnitische« Militärplanung zielt natürlich auch auf die vergleichsweise erfolgreichen Interventionen des Iran in Syrien und im Irak. Da würde man gerne auch endlich einmal dagegenhalten können. Aber allein schon ein Blick in die Geschichte der Region mit dem verheerenden Einsatz der ägyptischen Armee im jemenitischen Bürgerkrieg der sechziger und siebziger Jahre lässt bei diesem Gedanken erschaudern.