Berlin Beatet Bestes. Folge 266.

Die Perle aus der Schrottkiste

Berlin Beatet Bestes. Folge 266. Fritz Woelffer and his Guitar: Indio/County (1969).

Die ersten zehn Sekunden von ›Indio‹, der ersten Seite dieser Single, sind leider so stark zerkratzt, dass sie fast unhörbar sind, aber ich poste den Song dennoch. Bis ich eine bessere Kopie der Platte finde«, schrieb ich im April 2008 über eine Single von Fritz Woelffer. Die Platte, um die es ging, ist zwar sehr selten, aber keineswegs begehrt. Kein Sammler interessiert sich für sie, und deshalb taucht sie auch nirgendwo auf, weder als teures Original noch digital.
Fritz Woelffer spielt auf den zwei Titeln ins­trumentalen Rock’n’Roll im Stil der schwedischen Spotnicks, der Shadows oder Jorgen Ingmanns. Leider war instrumentaler Rock bereits vom Beat verdrängt, als die Single auf dem winzigen Label Date erschien. Es scheint die einzige Solo-Platte von Fritz Woelffer (eigentlich Wölffer, die Schreibweise »oe« sollte wohl amerikanisch oder englisch wirken) zu sein.
Die elektrische Gitarre ist das wichtigste Ins­trument in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, deshalb haben Sologitarristen in meinem musikalischen Universum einen speziellen Platz. Sie sind die bescheidenen Musikarbeiter, die immer im Schatten der Popdiven standen. Nur selten gelang es ihnen, trotz ihrer unbestrittenen technischen Fähigkeiten selbst als Künstler anerkannt zu werden.
Ich habe auf meinem Blog schon die amerikanischen Gitarristen George Barnes, Everett Barksdale und Grady Martin vorgestellt. Alle drei waren hervorragende Studiomusiker, die so ziemlich jeden amerikanischen Popstar in den fünfziger und sechziger Jahren begleitet haben. In Deutschland kam die elektrisch verstärkte Gitarre mit einiger Verzögerung auf. Gitarristen wie Ladi Geisler und Coco Schumann mussten sich ihre ersten Instrumente in den späten vierziger Jahren noch anfertigen lassen. In der DDR wird es noch ein wenig komplizierter gewesen sein, an verstärkte Instrumente zu kommen, umso bemerkenswerter sind die Leistungen des Trick-Gitarristen Dieter Resch. Wie bei Coco Schumann und Dieter Resch begann auch die Karriere von Fritz Woelffer bereits in der unmittel­baren Nachkriegszeit. Ab 1948 nahm er mit dem Heinz Becker Barquintett für Amiga einige Platten auf. Um 1960 kam es dann noch zu einigen Aufnahmen für das Billig-Label Tip und zur späten Instro-Rock-Single auf Date.
Es sollte sechs Jahre dauern, bis mir erneut eine dieser Singles in die Hände fiel.
Am Wochenende war ich mal wieder auf der Plattenbörse. Ich irrte ziellos durch die Gänge der Halle, blieb mal hier stehen, mal da, immer auf der Suche nach Jazz-Singles oder einer seltsamen Platte, die ich noch nie gesehen hatte. In Ein-Euro-Kisten gucke ich auf Plattenbörsen nicht, dort schätze ich die hohe Dichte an exzellentem Plattenmaterial. Billigkisten kann ich in Berlin schließlich jeden Tag durchkämmen. Dennoch, plötzlich hatte ich meine Hand gedankenverloren in so einer Schrottkiste, und als erstes zog ich diese Single von Fritz Woelffer hervor. Mit Cover und in gutem Zustand! Für einen Euro!
Mein Name ist Andreas Michalke. Ich zeichne den Comic »Bigbeatland« und sammle Platten aus allen Perioden der Pop- und Rockmusik. Auf meinem Blog Berlin Beatet Bestes (http://mischalke04.wordpress.com) stelle ich Platten vor, die ich billig auf Flohmärkten gekauft habe.