Nicht ganz besenrein

Es war spät geworden. Gegen vier Uhr in der Nacht zum Montag dieser Woche konnte sich das 23köpfige »Übergangskollegium« in Burkina Fasos Hauptstadt Ouagadougou nach zähen Diskussionen auf einen Interimspräsidenten verständigen. Ende Oktober war der seit 1987 regierende Autokrat Blaise Compaoré nach Protesten abgesetzt worden. Ein französischer Armeehelikopter flog ihn ins Nachbarland Côte d’Ivoire aus, er soll in Marokko Aufnahme finden. Unter seinen fünf potentiellen Nachfolgern in der engeren Auswahl fiel die Wahl schließlich auf den 72jährigen Diplomaten Michel Kafando. Diese Entscheidung stellt viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Umsturzes in Burkina Faso nicht sonderlich zufrieden. In ihren Augen verkörpert Kafando das alte Regime, war er doch in dessen Diensten als Diplomat tätig. Er vertrat das Land 1982/83, noch vor der Regierungszeit des linksrevolutionären und später im Auftrag Compaorés ermordeten Präsidenten Thomas Sankara, und von 1998 bis 2011 als Botschafter bei den Vereinten Nationen. Zuvor war er 1981/82 Außenminister. Bei den Großmächten, vor allem der früheren Kolonialmacht Frankreich, war Compaorés Regime eher wohlgelitten. Die USA waren hingegen vor allem zu Anfang sehr kritisch gegenüber dem Regime eingestellt und rückten gegen Ende seiner Regierungszeit erneut von Compaoré ab.
Kafando wurde wohl vor allem deswegen ausgewählt, weil er während der Übergangsperiode für ein gutes Verhältnis Burkina Fasos zu den auswärtigen Mächten sorgen soll. Er konnte sich gegen zwei von der Armee favorisierte Kandidaten durchsetzen. Auch zwei als Oppositionelle bekannte Journalisten, Chérif Sy und Newton Ahmed Barry, hatten für das Amt des Interimspräsidenten kandidiert. Bis November 2015 sollen nun Präsidentschafts- und Parlamentswahlen organisiert werden. So lange amtiert ein »Übergangsrat« mit parlamentarischen Vollmachten, in den die Oppositionsparteien insgesamt 30 Vertreter, die Armee und »Organisationen der Zivilgesellschaft« je 25 und die Parteien des alten Regimes zehn Vertreter entsenden dürfen. Das außerparlamentarische Oppositionsbündnis Balai citoyen (»Bürgerrechtsbesen«), das angetreten war, um Compaoré »wegzufegen«, und eine wichtige Rolle beim Straßenprotest gegen ihn gespielt hat, will dem Rat nicht beitreten, sondern unabhängig bleiben.