Die jüngsten Volksentscheide in der Schweiz

Wuchtiges Nein

In der Schweiz wurden die Ecopop- und die Gold-Initiative abgelehnt.

Die Schweizer Bevölkerung hat am Wochenende drei Initiativen mit großer Mehrheit – »wuchtig«, wie man in der Schweiz sagt – abgelehnt. Die Initiative »Stopp der Überbevölkerung – zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen« der seit 1987 als Umweltschutzorganisation auftretenden Gruppe »ECOlogie et POPulation« wollte die Zuwanderung in die Schweiz noch rigider begrenzen als die im Februar angenommene »Massen­einwanderungs«-Initiative der rechtspopulistischen Schweizer Volkspartei (SVP). Nach der Ecopop-Initiative sollte die Zuwanderung auf jährlich 0,2 Prozent der Wohnbevölkerung beschränkt werden, das wurde mit 74,1 Prozent abgelehnt. Die europäische Kritik nach der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative hatte wohl aufgezeigt, dass sich die Bevölkerung ins eigene Fleisch schneidet, wenn sie die über Jahre aufgebauten Beziehungen zur EU weiter aufs Spiel setzt. Allzu überraschend ist das Ergebnis nicht. Es hatte sich immer wieder gezeigt, dass sich allein die SVP durchsetzen kann, wenn es um die Mobilisierung von Ressentiments geht. So verlautbarte die SVP auch auf ihrer Website, das Ergebnis zeige, »dass in der Zuwanderungsfrage Lösungen und Mehrheiten nur mit der Unterstützung der SVP zu haben sind«. Indes hatten sich zahlreiche Kantonalsektionen für die Ecopop-Initiative ausgesprochen, während der nationale Parteivorstand die Ablehnung empfahl.
Der Berner Historikerin Leena Schmitter zufolge, die sich in dem Buch »Die unheimlichen Ökologen« mit den ideologischen Mustern der Ecopop-Initiative auseinandergesetzt hat, lag deren Ablehnung vor allem daran, dass es deren Gegenern gelungen war, in den letzten zwei Wochen vor der Abstimmung besser zu mobilisieren. Nun sei zu hoffen, dass die beklemmende Verknüpfung von vermeintlicher Klimapolitik und bevölkerungspolitischen Maßnahmen in Frage gestellt werde.
Die deutlichste Ablehnung erfuhr die Initiative »Rettet unsere Schweizer Gold«, mit 77,3 Prozent. Der SVP-Vorstand hatte mit 35 zu 34 Stimmen beschlossen, die Gold-Initiative zur Ablehnung zu empfehlen, doch sie war von SVP-Politikern lanciert worden. Federführend dabei waren die Nationalräte Ulrich Schlüer, Lukas Reimann und Luzi Stamm. Die beiden letztgenannten haben Kontakt zu Jürgen Elsässer, für dessen Magazin Compact Reimann geschrieben und mit dem Luzi Stamm auf einer Veranstaltung im luzernerischen Emmenbrücke diskutiert hat. Das Volksbegehren, das auch bei libertären Rechten wie Ron Paul Sympathien fand, forderte, die Nationalbank solle stets einen unverkäuflichen und in der Schweiz gelagerten Goldanteil von 20 Prozent ihrer Aktiva halten. Das macht nur unter der alten Annahme Sinn, dass die Golddeckung einer Währung der Schlüssel für Preisstabilität sei. Diese wird von Zentralbanken heute aber vor allem über die Zinspolitik gesteuert. Die Idee, die Währung an ein knappes Gut wie Gold zu binden – in einer dynamischen Wirtschaft ein unsinniges Unterfangen –, hat nur bei wenigen verfangen.
Die Abstimmungsergebnisse zeigen nicht, dass sich die Schweizer Gesellschaft von rechtspopulistischem Gedankengut verabschiedet hat. Vielmehr steht eine weitere Bewährungsprobe an: eine von der SVP erwogene Initiative, nach der alle Asylsuchenden, die über ein sicheres Drittland eingereist sind, konsequent nach den Dublin-Regeln dorthin ausgewiesen werden. Damit droht die weitere Aushöhlung des Asylrechts.