Pegida, Hogesa und die English Defence League haben viel Gemeinsames

Die Liga der rassistischen Gentlemen

In Deutschland neu, in England alt: Während die »Hooligans gegen Salafisten« und die »Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes« hierzulande erst seit kurzem Hass auf Muslime und Flüchtlinge verbreiten, macht die »English Defence League« schon seit dem Jahr 2009 mit solchen Betätigungen von sich reden. Ein Vergleich.

Vor fünf Jahren gründete sich die »English Defence League« (EDL) in einem Vorort Londons. Seither macht die Organisation hauptsächlich mit Aufmärschen auf sich aufmerksam, auf denen ihre Anhänger ihren Hass auf Muslime kundtun und für Krawalle sorgen. Der Hang zur Gewalt ist nicht verwunderlich: Die EDL kann sich auf zuverlässige Unterstützung aus dem Hooligan-Milieu verlassen.
Die Ähnlichkeit scheint also groß zu sein: Die »Hooligans gegen Salafisten« (Hogesa) tragen das Umfeld, aus dem sie sich rekrutieren, schon im Namen. Seit einigen Monaten verkünden sie ihre ebenfalls rassistische Ideologie auf den Straßen und schrecken dabei auch vor Gewalt nicht zurück. Zwar gibt es die direkten EDL-Nachahmer der »German Defence League« schon seit 2010. Sie haben es aber bisher nicht geschafft, in dem Maße wie ihr Vorbild öffentlich in Erscheinung zu treten und sind nun auch auf Demonstrationen der Hogesa anzutreffen.

Die »Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes« (Pegida) lassen sich ideologisch ähnlich verorten. Wie die EDL demons­trieren auch sie gegen eine angebliche Machtübernahme der Muslime, haben sich allerdings aus einem Nebenprodukt kruder Montagsdemonstrationen und den derzeit verbreiteten, gegen Flüchtlinge gerichteten Hetzveranstaltungen entwickelt und kommen so ohne das abschreckende Hooligan-Image aus. Zumindest optisch ist auf den Demonstrationen der Pegida die sogenannte bürgerliche Mitte anzutreffen. Die Anführer der Organisation versuchen sich von extrem rechten Ideologien abzugrenzen, durch die Rhetorik vom harmlosen »Spazierengehen« scheint ihnen dies zu einem gewissen Grad gelungen zu sein. Sowohl die Hogesa als auch die Pegida weisen also Gemeinsamkeiten mit der EDL auf – die vermeintlichen Fußballfreunde jedoch in größerem Maß.
Die EDL gründete sich aus Protest gegen eine islamistische Gruppe, die gegen aus dem Irak heimkehrende britische Soldaten demonstrierte. Der unverhohlene Rassismus der »Verteidigungs­liga« äußerte sich von Anfang an. Gerade in den ersten Jahren waren die Aufmärsche von Nationalismus, Provokationen und rassistischen Drohgebärden geprägt, die in Randale und blutigen Auseinandersetzungen mit muslimischen Jugendlichen endeten. Zu ihren besten Zeiten brachte die EDL bis zu 3 000 gewaltbereite Hooligans auf die Straße, beispielsweise beim »Home Coming March« im Februar 2011 in Luton.
Sowohl für die EDL als auch für die Hogesa sind die Muslime und deren angeblicher Griff zur Macht nur der Vorwand, um ihren Ressentiments gegenüber »den Ausländern« und »denen da oben« Ausdruck zu verleihen. Politiker und Parteien gelten den Gruppen als fremdbestimmt, da sie nicht genug gegen Muslime im Besonderen und Ausländer im Allgemeinen unternähmen. Welche Ausmaße dieser Wahn annimmt, zeigt sich an den Pegida: Sie sprechen von einer Islamisierung Sachsens – bei einem Anteil muslimischer Bürger an der Bevölkerung von 0,1 Prozent. In Großbritannien hingegen war der islamistische Terror sehr real, die Anschläge vom 7. Juli 2005 und die brutale Ermordung des Soldaten Lee Rigby im Mai 2013 waren einschneidende Ereignisse. Der EDL boten sich also weitaus handfestere Geschehnisse an, die sich für ihre Propagandazwecke ausschlachten ließen.

Gemeinsam ist den Organisationen auch die krampfhafte Abgrenzung gegenüber Neonazis: Die EDL verbrannte zu Beginn ihrer Aktivitäten öffentlichkeitswirksam eine Hakenkreuzflagge. Auch die Hogesa beteuern, jeden »Extremismus« abzulehnen. Das ist bemerkenswert, wo doch mindestens die Hälfte der Teilnehmer von Demonstrationen klar anhand einschlägiger Äußerungen und Modemarken dem extrem rechten Spektrum zugeordnet werden kann. Personelle und inhaltliche Überschneidungen mit der Naziszene sind nicht zu übersehen, auch ohne den Soundtrack der rechtsextremen Hooligan-Band Kategorie C, die am 26. Oktober in Köln für ihre Gesinnungsgenossen aufspielte.
Die EDL hat jahrelang versucht, ihr Image zu verbessern, und stets darauf hingewiesen, dass sich auch Homo- und Transsexuelle, Frauen, Sikhs, Schwarze, Asiaten, gemäßigte Muslime und Juden in ihren Reihen befänden. Alle diese Gruppen haben ihre eigene – ganz sicher marginale – Abteilung in der EDL und werden bei jeder Gelegenheit als Minderheitenbeweis gegen Rassismusvorwürfe den Kameras der Presse vorgeführt. Auch Pegida verweist auf Muslime in den eigenen Reihen, als solche erkannt wurden bisher allerdings keine. Mittlerweile haben die gendersensiblen Hogesa auch eine eigene Abteilung für Frauen, die »Ladies gegen Salafisten«.
Die Anhänger der EDL sind vor allem online tätig. Schätzungen gehen von 25 000 bis 35 000 Mitgliedern aus, aber nur um die 5 000 gehen gelegentlich zu Demonstrationen. Ähnliches lässt sich auch bei den Hogesa beobachten. Dank Facebook und anderer Internetforen profitieren die umtriebigen Hools von schneller Vernetzung und einer breiten Anhängerschaft, von der manchmal Tausende den Demonstrationsaufrufen gefolgt sind. Die ursprüngliche Facebook-Gruppe hieß bezeichnenderweise »Weil Deutsche sich’s noch trau’n!«. Die meisten Facebook-Seiten der Hogesa wurden allerdings gelöscht, sodass die wirkliche Anzahl der Sympathisanten schwer zu erfassen ist. Pegida haben zurzeit über 61 000 Likes und bewegen sich damit in der doppelten Größenordnung der EDL.
Doch das Internet ersetzt die tatsächliche Organisation nicht. Die EDL ist regional organisiert mit Ablegern und Funktionären zum Beispiel in Bristol, Cardiff und Birmingham, meist dort, wo sich große muslimische Gemeinden befinden. Auch die Hogesa teilt sich auf in Nord, Süd und West mit Regionalleitern und Stellvertretern, womit aber auch Spaltungen und Streitigkeiten über die Führungshoheit der Bewegung einhergehen.

Es bleibt ein gewisser Unterschied: Die EDL beruft sich auf die jüdisch-christliche Tradition und westliche Werte, das deutsche Pendant hingegen auf die Heimat und den Schutz der deutschen »Identität«. Hierbei ist die EDL gern bereit, das Bekenntnis zu den zu verteidigenden Werten mit dem Zeigen von USA- und Israel-Fahnen zu verbinden. In Deutschland wäre eine solche Symbolik wohl kaum denkbar.