Pegida und Mahnwachen sind mehr oder weniger dasselbe

Dasselbe in Braun

Pegida und die Mahnwachenbewegung sind nur zwei Flügel derselben völkischen Bewegung.
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Die wenigsten Dummen sind so dumm, dass sie nicht zumindest ahnen oder befürchten würden, dass sie etwas übersehen haben könnten bei ihrer Erklärung der Welt. Es bedarf des Schutzes der Masse und eines ganz besonders Dummen, der dazu noch schamlos ist und die Öffentlichkeit sucht, dann erst trauen sich auch die Normal-dummen aus ihrer Deckung. Die Montagsmahnwachen mitsamt Esoterikern, Verschwörungsideologen und dubiosen Reichsbürgern hatten den Mumm, ihre Dummheit zur Schau zu stellen. Hooligans und Pegida-Rassisten folgten. Das Jahr 2014 war das Jahr, in dem die Vollpfosten auf die Straße gingen.
Worum geht es bei Pegida? Dem Namen nach »gegen die Islamisierung des Abendlandes«. Doch im Positionspapier von Pegida tauchen Worte wie das Wort »Islam« oder »Islamismus« nicht ein einziges Mal auf. Von den 19 Forderungen beschäftigen sich nur vier im allerweitesten Sinne mit dem Islam, wenn man denn eine Forderung wie »Für sexuelle Selbstbestimmung!« so deuten will. Anstoß für ihren Protest war nach Auskunft der Organisatoren eine Demonstration der »Antifa«, die »Waffen für die PKK« gefordert hatte. Statt sich dieser Demonstration für den Kampf gegen Islamismus anzuschließen, sah man sich durch Antifaschisten und Kurden überfremdet. Auch den Plakaten und den Äußerungen der Pegida-Anhänger zufolge sind diese weniger über eine Islamisierung besorgt, vielmehr lehnen sie die »Lügenpresse«, Ausländer allgemein und Flüchtlingsheime in der Nachbarschaft ab. »Wir sind das Volk«, behaupten die Demonstranten. Dem ARD-Magazin »Panorama« gelang es, einige von ihnen zu interviewen. Vom Islam war da kaum die Rede, stattdessen gab es dumpfen Rassismus und antisemitische Verschwörungstheorien. »Die Befehle kommen aus Tel Aviv!« war da zu hören. Und: »Wir sind ein besetztes Land. Nur weil wir zwei Kriege verloren haben, müssen wir uns alles gefallen lassen!«

Insgesamt entsprechen die Äußerungen ungefähr dem, was die deutsche Facebook-Seite »Anonymous.Kollektiv« bereits im April 2014 durchs Internet raunte: »Die Zeit ist gekommen, dass sich das deutsche Volk erheben muss. Wir sind in einem Teufelskreislauf aus Selbsthass, Schuldbewusstsein, Tabuthemen, Geschichtsfälschung, politischer Korrektheit, Zensur, Manipulation, Gehirnwäsche und Propaganda gefangen. Deutschland ist ein besetztes Land, wird von der BRD-GmbH verwaltet und die Deutschen sind das Personal.« Deutschland solle sich erheben gegen »Feminismus-Wahn«, »Multikulti und Masseneinwanderung«. Das »Anonymous.Kollektiv« rief damit aber nicht zu einer Pegida-Demo auf, sondern zu den »Friedensmahnwachen«, aus denen jetzt der »Friedenswinter« hervorgegangen ist.
Mitte Dezember hat die neurechte Facebook-Seite ihre Einstellung angekündigt. Die »Mission« sei beendet, weil die »Deutschen erwacht« seien. Ob die vermeintliche Anonymous-Gruppe die Deutschen beim Friedenswinter-Auftakt vor dem Schloss Bellevue erwacht sah oder bei den Pegida-Demonstration in Dresden (»Deutschland wacht auf!« hieß es stolz auf der Pegida-Website), ist unklar – aber vermutlich meinte sie beides. Weshalb sollte sie da Unterschiede machen? Jürgen Elsässer und sein Magazin Compact tun das ja auch nicht. Sie wirbelten erst für die »Friedensmahnwachen« und dann übergangslos für Pegida. Es gibt mehr Ähnlichkeiten als Verschiedenheiten. Das völkische Aufbäumen wird nur einmal eher links, und einmal eher rechts kodiert, so können alle mitmachen. Beide klagen, das deutsche Volk werde fremdbestimmt, ausgenommen und marginalisiert. Bei Pegida sind diese Fremden die Ausländer und Flüchtlinge, beim Friedenswinter das internationale Kapital, die Fed, Brüssel, die USA und Israel. Die Pegida-Organisatoren gaben gegenüber n-tv freimütig zu, dass Kontakte zur Mahnwachenbewegung bestehen.
»Anonymous.Kollektiv« macht jetzt übrigens doch weiter – mit Putin-Propaganda, Antiamerikanismus und Pegida-Unterstützung. Die Mahnwachenbewegung wird ausdrücklich als »Konkurrenz zur Pegida« bezeichnet, denn man buhle »um die selbe Zielgruppe«. Da heißt es: »Wir müssen die Gelegenheit am Schopfe packen und uns – falls notwendig auch mit russischer Hilfe – aus dem Korsett befreien, dass uns die amerikanischen Okkupanten 1945 aufgezwungen haben.« Auch auf Pegida-Veranstaltungen wurde die »Kriegstreiberei« der Bundesregierung gegen Russland kritisiert, auf Plakaten war zu lesen: »Frieden mit Russland« und »Putin, hilf uns!« Auf Russlands Hilfe baut auch der Friedenswinter: Die Großkundgebung Mitte Dezember in Berlin wurde von einer Reporterin des russischen Propagandasenders Russia Today moderiert.

Bei Pegida von einer »islamfeindlichen Bewegung« zu sprechen, wie es die sogenannten Systemmedien in trauter Eintracht mit Russia Today landauf, landab tun, ist völlig unangebracht. So wenig wie es Pegida um den Islam geht, geht es der Mahnwachen- und neuen Friedensbewegung um Frieden. Wir haben es vielmehr mit einer völkischen Bewegung zu tun, die derzeit noch zwei Flügel hat und die insgesamt der Putinschen Paranoia folgt, von fremden Mächten umzingelt zu sein. Lediglich in ihrem Rassismus gegenüber Migranten unterscheiden sich beide Flügel – vordergründig. Jede völkische Bewegung ist in der Konsequenz rassistisch. Und die rassistische Migrations- und Flüchtlingspolitik Russlands erfährt von den Mahnwachen-Demonstranten folglich auch keinerlei Widerspruch.