Berlin Beatet Bestes. Folge 272.

Es fehlt der Hund

Berlin Beatet Bestes. Folge 272. The Stooges: I wanna be your Dog (1969).

Drei neu erschienene Schallplatten kaufte ich im Dezember. Die jüngste LP der Flaming Lips, auf der sie das komplette »Sergeant Pepper«-Album der Beatles covern beziehungsweise durch den Wolf drehen. Diese angenehm anstrengende LP schenkte ich dann meiner Schwägerin zu Weihnachten. Sie hat sich sehr gefreut. Die LP ist hervorragend gestaltet, knallbunt, noch dazu mit orangefarbenem Vinyl. Ich kann zu der Musik ansonsten nicht viel sagen, denn erstens kenne ich mich mit den Flaming Lips nicht so aus und zweitens habe ich die Platte nicht vollständig gehört. Was ich hörte, kann ich jedoch empfehlen. Auf »Sergeant Pepper« sind ja nur Hits drauf und die sind hier unter einer fetten Geräuschschicht auch immer noch zu hören. Noch anstrengender ist die neue 10-inch von David Bowie mit dem Titel »Sue (Or in a season of crime)«/»tis a pity she was a whore«, die ich mir gekauft habe, weil das Design an das der Schellackplatten der vierziger Jahre erinnert. Die Platte sieht wirklich gut aus, aber die Musik nervt irgendwie. Soll wahrscheinlich auch nerven, dieser abgehangene Elektro-Free-Jazz, von dem die Milch sauer wird. Oben drauf liegt David Bowies düstere, greisenhafte Stimme. Es klingt bemüht. Irgendwie traurig, dass er mit 70 noch immer hip sein muss. Außerdem erworben, nein, sogar extra bestellt, habe ich mir die neue LP der französischen Swing/Jazz-Combo Zaz. Platten, die im Fernsehen beworben werden, sind ja fast immer doof. Diese nicht. Hier stim-mt alles. Tolle mitreißende Songs, die klingen, als würde Django Reinhard Edith Piaf begleiten, dazu noch produziert von Quincy Jones. Und das mit Quincy Jones stimmt sogar.
Als ich im Plattenladen am Tresen stand, um meine bestellte Zaz-Platte zu bezahlen, stand gerade jemand vor mir, der eine gekaufte Platte zurückbringen wollte. Er beschwerte sich: »Ausgerechnet der eine Song! Das ist mein Lieblingslied!« Der Verkäufer nahm die Platte, legte sie auf und hörte über Kopfhörer rein: »Ja, tatsächlich. Ist nicht drauf.« Wieder der Kunde: »Auf dem Cover steht der Titel aber! Wie kann das sein?« Der Verkäufer: »Weiß ich auch nicht. Und jetzt? Willst du das Geld zurück?« »Nee, aber vielleicht habt ihr ja noch eine andere Pressung im Lager, wo der Song drauf ist?« Weil ich nun mal daneben stand, wollte ich auch meine bescheidene Hilfe anbieten: »Naja, wenns eine Fehlpressung ist, dann würde ich die behalten. Dann steigt die noch im Wert.« Diese Logik passte ihm gar nicht: »Aber ich will ja den Song hören! Mein Lieblingslied!« In dem Moment kam der Chef zur Tür rein und der Verkäufer fragte nun gleich ihn um Rat. Der Chef: »Watt? Nö! Und was soll ich jetze mach’n? Ich kann den da och nich’ drauf press’n!« Der Kunde murrte, aber der Chef blieb eisern. Die Platte wurde nicht umgetauscht. Ich fand es irgendwie rührend, dass der Käufer sich einfach nicht damit zufriedengeben wollte, seinen Song im Internet runter zu laden. »I wanna be your dog« von Iggy Pop, das dauert zwei Sekunden. Nein, das Lied sollte auf der Platte sein, wie die Butter auf dem Brot. Weil’s sonst nicht schmeckt.