Volle Hysterie

Frauen, die rumkreischen, ausflippen und völlig hysterisch reagieren, sind ein Werbe-Dauerhit. Schlimm waren die Zalando-Spots, in denen Frauen schon beim Anblick des Paketboten böse Schreikrämpfe kriegten, weil sie sich so doll auf die bestellten Klamotten freuten. Das war aber noch halbwegs realistisch, jedenfalls verglichen mit den abstrusen Reaktionen des weiblichen Personals im Spot der Kleiderkette Bonprix. Hier drehten Frauen immer komplett durch, wenn sie auf einen sogenannten »Mode­zwilling« trafen, also eine Frau, die zufällig das gleiche Kleidungsstück trägt wie sie selbst. Ein Kampf begann, als gehe es mindestens um denselben Mann und nicht bloß um den gleichen beigefarbenen Polyesterfetzen für 29,90. Frauen, die nichts im Leben mehr fürchten als die Vorstellung, das gleiche Kleid tragen zu müssen wie eine Bekannte, bevölkerten auch die Spots des um junge Kundschaft winselnden Versandhändlers Otto. Traumatisch geradezu war für die Modetanten der Moment, wenn eine Bekannte auf ihre Klamotten guckte und fragte: »Wo hast du das denn her?« Dann wurde die modische Konkurrenz in einem Akt verzweifelter Selbstverteidigung in die Irre geschickt und eine Phantasieadresse wie etwa »die kleine Boutique« in der »Rue de Fromage« in Frankreich oder »die Fashion-Week« in einem mexikanischen Kaff namens »Rosarito« genannt, die die kaufsüchtige Bekannte schnurstracks aufsucht und nach längerer Reise erreicht. Unerträglich auch die spitzen »Oh, mein Gott«-Schreie in den Spots des Anbieters von »Erlebnisgeschenken« Mydays, wenn der extrem phantasiebegabte Lover seiner vor Glück und Freude völlig aus dem Ruder laufenden Partnerin einen Hot-Chocolate-Massage-Gutschein überreicht, wahlweise auch einen Übernachtungsgutschein für Romantik-Iglu. So was wollen wir 2015 nicht mehr sehen!