Rechte Tendenzen in der Tierschutzpartei

Die Diktatur der Veganer

In der Tierschutzpartei gibt es Streit. Der Bundesvorsitzende hat die Partei verlassen und wirft ihr die Annäherung an den Rechtsextremismus vor.

»Es ist in der Partei ›Mensch Umwelt Tierschutz‹ zu einer inakzeptablen ›Rechtsoffenheit‹ und einer leichtfertigen Integration von Personen mit rechtspopulistischem, antiemanzipatorischem oder sogar faschistischem Gedankengut gekommen«, postete Stefan Bernhard Eck zu Silvester auf seiner Facebook-Seite und erklärte seinen Rücktritt als Bundesvorsitzender sowie seinen Austritt aus der Partei, die meist nur Tierschutzpartei genannt wird. Damit verliert diese ihr bekanntestes Mitglied. Eck war seit 2007 Bundesvorsitzender, seit 2014 sitzt er im Europaparlament. Aus Solidarität mit Eck traten sieben weitere Mitglieder aus dem Bundesvorstand zurück und aus der Partei aus – insgesamt acht von 18 Mitgliedern des Vorstands.

Eck kritisiert, Mitglieder des Bundesvorstandes hätten sich nicht konsequent von Parteifreunden mit rechtsextremer Vergangenheit distanziert und deren »menschenverachtende Verlautbarungen mit Absicht über Monate verschwiegen oder heruntergespielt«. Eck greift insbesondere Claudia Krüger an, die im Mai 2014 in den Stadtrat von Düsseldorf gewählt wurde. Sie bildete dort eine Ratsgruppe mit den Freien Wählern, zwei aus deren Fraktion waren in der rechtsextremen Szene aktiv – einer davon ihr Mann. Eck meint auch Bundesgeschäftsführer Jan Zobel, der den Bundesarbeitskreis gegen rechts leitet, aber selbst NPD-Funktionär war. Eck sagt, ihm sei erst im November 2014 klar geworden, dass sich die Partei nach rechts entwickelt habe. Seine Versuche, dem entgegenzuwirken, seien von Mitgliedern aus dem Bundesvorstand behindert worden.
Diese Vorwürfe weist der neue Bundesvorsitzende Horst Wester zurück: »Wir treten der Unterwanderung von rechts massiv entgegen. Wir prüfen Neueintritte sorgfältig, recherchieren zu den Personen und lehnen Anträge ab, wenn wir einen rechten Hintergrund feststellen. 2014 haben wir vier Antragsteller abgelehnt, weil wir gesehen haben, dass sie auf Facebook Seiten von der NPD, den Republikanern und der AfD geliket und geteilt haben.« Wester sagt, Krüger mache gute Tierschutzpolitik, Eck habe sie im Wahlkampf noch unterstützt und die beiden Mitglieder der Freien Wähler hätten sich glaubwürdig von ihrer rechtsextremen Vergangenheit distanziert. »Und Jan Zobel ist unsere Versicherung gegen einen Rechtsruck, weil er selbst eine rechte Vergangenheit hat«, so Wester.
Die Partei hat dem Bundesvorsitzenden zufolge »zu 99 Prozent nichts mit Rechtsextremismus am Hut«. Doch er räumt ein, dass es unter den bundesweit 1 200 Mitgliedern auch »Problemfälle« gebe. Der ehemalige Thüringer Landesvorsitzende Harald von Fehr verschickte 2013 eine antimuslimische Rundmail mit Fotos von Wildschweinen und dem Text: »Sie tragen keine Kopftücher, sie machen keine fremden Frauen an, aber das Schlimmste ist: Auf die darf geschossen werden.« Der ehemalige Generalsekretär Bernd Mallon forderte 2014 auf Facebook die »Todesstrafe für Tierquäler« und vertrat Ansichten der sogenannten Reichsbürger. Der Bundesvorstand wollte beide aus der Partei ausschließen, bei Fehr scheiterte das Verfahren, Mallon trat selbst aus der Partei aus.
Nach dem Austritt Ecks sieht Wester einen Richtungskampf in der Partei: vegane Tierrechtler, die gegen jede Tierhaltung sind, gegen Fleisch essende Tierschützer, die ihre Haustiere wie Hunde und Katzen schützen wollen, denen Tierrechte für Schweine aber gleichgültig sind. Wester, selbst Veganer, sagt, grundsätzlich vertrete die Partei ein Tierrechtsprogramm. Tierschützer neigten eher dazu, Tierschutzverletzungen in anderen Ländern zu kritisieren, etwa den Umgang mit Straßenhunden in Rumänien und das Schächten im Judentum und Islam, und seien daher eher anfällig für fremdenfeindliche Äußerungen.
Der ehemalige Berliner Landesvorsitzende der Tierschutzpartei, Michael Marx, der auch aus der Partei ausgetreten ist, hält die vorherrschende Gesinnung für größtenteils undemokratisch: »Es gibt nicht wenige, die einer veganen Diktatur mit Fleischverbot und Tierhalteverbot das Wort reden.« Die Forderung, das Schächten zu verbieten, offenbare leider immer wieder eine teilweise antimuslimische und antisemitische Grundeinstellung.

Kampagnen gegen das Schächten zu betreiben, sei ein beliebtes Mittel von Rechtsextremen, sagt Toralf Staud. Der Autor, der etliche Bücher über die deutsche Naziszene veröffentlicht hat, warnt, dass sich Rechtsextreme des Tierschutzes bedienen, um Gefühle anzusprechen und ihren Nationalismus zu verharmlosen. »Eine Partei, die das Thema Tierschutz vertritt, muss wissen, dass sie anfällig ist für Rechtsextremismus.« Auch die Grünen und die ÖDP seien in ihrer Gründungsphase von Rechtsextremen unterwandert worden. Bereits 2004 sagte Holger Apfel auf dem Bundesparteitag der NPD: »Unsere Aufgabe muss sein, die Tierschutzpartei überflüssig zu machen.« Seitdem wirbt die NPD mit dem Slogan »Tierschutz ist Heimatschutz«.
Für die Tierschutzpartei ändere sich mit dem Austritt Ecks nicht viel, sagt Wester. Eck habe schon lange seine eigene Politik gemacht. Seit er in Brüssel als Einzelabgeordneter der Fraktion der Vereinten Europäischen Linken beigetreten ist, habe es ideologische Differenzen mit der Parteibasis gegeben, so Wester: »Wir haben viele Mitglieder, die weder links noch rechts sind, weil unser Hauptanliegen der Kampf für die Tiere ist.« Der Veganer Eck, der sein Mandat im Europaparlament behält, setzt sich nun ohne die Tierschutzpartei für Tiere ein. Sein jüngster Erfolg: In den Kantinen des Europäischen Parlaments wird es zukünftig keine Gänsestopfleber mehr geben.