Die Attentäter von Paris hatten Verbindungen nach Tunesien

Die tunesische Connection

Der Charlie Hebdo-Killer Chérif Kouachi kannte Boubaker al-Hakim, den mutmaßlichen Mörder des tunesischen Politikers Mohammed Brahmi, seit langer Zeit.

Es ist ein Veteran des internationalen Jihadismus, der nun wieder auftaucht: Boubaker al-Hakim. Er stand in Verbindung mit Chérif Kouachi, der mit seinem Bruder Said in den Redaktionsräumen von Charlie Hebdo das Massaker verübte.
Al-Hakim und Chérif Kouachi waren an der »Seilschaft von Buttes-Chaumont« beteiligt, die aus Frankreich Jihadisten über Syrien in den Irak schmuggelte, um nach dem Sturz Saddam Husseins dort »Amerikaner zu töten«, wozu al-Hakim seine »Kumpel aus dem 19. Arrondissement« von Paris an den Mikros von RTL und LCI aufgefordert habe, schreibt Jean-Pierre Filiu, ein französischer Forscher, der über dieses Netzwerk recherchiert hat. Im Januar 2005 wurde das Netzwerk ausgehoben, 2008 wurde al-Hakim deswegen in Frankreich zu sieben, Chérif Kouachi zu drei Jahren Haft, die Hälfte davon auf Bewährung, verurteilt. Offenbar wurde al-Hakim Ende 2012 freigelassen und nach Tunesien abgeschoben, wo er sich anderen Jihadisten anschloss.
Die tunesischen Behörden suchen al-Hakim wegen mutmaßlicher Beteiligung an der Ermordung von Mohammed Brahmi und Chokri Belaïd, den beiden im Juli und Februar 2013 unter ähnlichen Umständen erschossenen linken tunesischen Politikern. Im Dezember 2014 meldete sich al-Hakim aus Syrien zu Wort, wo er sich der Organisation »Islamischer Staat« angeschlossen hat, und erklärte sich in einem Video für die Organisation der beiden Morde verantwortlich.
Zwar machen die tunesischen Behörden eine »jihadistische« Gruppe für die Ermordung von Belaïd und Brahmi verantwortlich, aber es gab noch keinen Prozess und die Hintergründe der Taten liegen im Dunkeln. Zehntausende Demons­tranten, die nach den Morden an Belaïd und Brahmi auf die Straße gingen, machten insbesondere die islamistische Partei al-Nahda, die zu jener Zeit die tunesische Regierung dominierte, für die Morde mitverantwortlich: Al-Nahda habe eine Art Parallelpolizei im Innenministerium installiert.
In der vorigen Woche wurde ein Haftbefehl gegen einen tunesischen Sicherheitsbeamten, Abdelkarim Laâbidi, wegen mutmaßlicher Beteiligung an dem Mord an Brahmi erlassen. Nach Angaben aus tunesischen Justizkreisen sahen mehrere Augenzeugen al-Hakim vor dem Mord an Brahmi in einem Auto, das Laâbidi gehörte. Aber einen Vorwurf der Beteiligung an einer parallelen Sicherheitsstruktur enthalte der Haftbefehl nicht.
Nach Medienberichten hat Laâbidi unter der von al-Nahda dominierten Regierung eine erstaunliche Karriere hingelegt, vom einfachen Polizisten wurde er zum Kommissar befördert, dann 2013 auf einen hohen Posten in der zentralen Direktion der Grenzpolizei am Flughafen von Tunis, auch verantwortlich für das polizeiliche Begleitpersonal bei sensiblen Flügen.
Das eröffnet Raum für Spekulationen aller Art. Hat Laâbidi die diskrete Ein- und Ausreise von Jihadisten ermöglicht? Von und nach Libyen und Syrien? Und wenn ja, gehörte Boubaker al-Hakim dazu, der sich nach dem Mord an Brahmi offenbar nach Libyen absetzte?
Es sind, wie immer und überall bei den heiklen Themen, die den Staat und den Terrorismus betreffen, viele Fragen offen.