Obacht im Straßenverkehr

Russland. Um sicher und gewandt mit dem Auto ans Ziel zu kommen, sind drei Dinge vonnöten: ein funktionierendes Radio, ein Führerschein und etwas Aufmerksamkeit. Letztere aufzubringen, dazu sei längst nicht jeder in der Lage, weshalb der Erwerb der Fahrerlaubnis nicht allen ermöglicht werden dürfe. In Russland hat man genau identifiziert, wer zu dieser Personengruppe gehört. BBC zufolge wurde dort eine Liste von »medizinischen Abweichungen« erarbeitet, die jedes Autofahren verbieten. Transgender, Exhibitionismus, Voyeurismus – in Russland »psychische Störungen«, die zu einem Fahrverbot führen. Aber auch Spielsüchtige, Diebe und Personen, die kleiner als 1,50 Meter sind, müssen nach Ansicht der Behörden den öffentlichen Nahverkehr nutzen. Die Vereinigung russischer Menschenrechtsanwälte kritisiert die Entscheidung der Regierung, das Gesetz zu verabschieden, als »diskriminierend«. Man wolle eine Klarstellung vom russischen Verfassungsgericht verlangen und um internationale Unterstützung bitten.   oko
Der liegende Mensch
St. Vincent. Von Bill Murray kann man viel lernen. Über das Wesen des Menschen zum Beispiel. In »St. Vincent« lässt er keinen Zweifel daran, wofür der Mensch erschaffen wurde: zum Herumgammeln. Ob Sofa, Sessel, Boden, Gartenliege – jedes Mittel ist ihm recht, keiner kann den liegenden Menschen überzeugender darstellen als er. Schlechte Laune hat dieser Vincent trotzdem, wofür es Gründe gibt. Das Gesundheitssystem, die Gesellschaft, das schlechte Essen vielleicht und vor allem: die Menschen. Immer diese Menschen, die etwas wollen und ungefragt ihre Geschichten erzählen. Und dann noch dieser Nachbarsjunge, der sich erfolgreich bemüht, niemandem auf die Nerven zu fallen. Bill Murray wird mit jedem Film besser. »St. Vincent« ist eine Tragikomödie, die gekonnt auf der Klaviatur der Rührseligkeit herumorgelt. Was Kinogäste der hinteren Reihen dazu bewog, den Film als »zu amerikanisch« zu kritisieren. Was auch immer das bedeuten mag. Vielleicht hätten sich diese Banausen deutsche Tiefgründigkeit gewünscht.   oko
Underground adé
Panda Bear. Verrückte Zeiten sind das, in denen man sich plötzlich auf der Website von Bild wiederfindet, weil man gerade nach Neuigkeiten über einen durchweg genialen Musiker namens Panda Bear gesucht hat, der mit bürgerlichem Namen Noah Lennox heißt. Sein jüngstes Album »Panda Bear meets the Grim Reaper« wird dort besprochen. Kurz flattert die Frage durch den Kopf, was das Interesse des Boulevardblatts an einem derart feinen Independent-Musiker geweckt haben könnte. Die Tatsache, dass Panda Bear es geschafft hat, in subkulturellen Kreisen seit Jahren gefeiert zu werden, auch wenn er Themen wie elterliche Pflichten und seinen Hund besingt? Nein. Ist es seine Stimme, die unweigerlich an Brian Wilson erinnert? Auch nicht. Ah, es ist irgendeine Form der Medienkooperation, die Bild mit dem Rolling Stone eingegangen ist. Dass Mitglieder von Animal Collective eines Tages in der Bild-Zeitung auftauchen würden, man hätte es sich noch vor kurzem nicht träumen lassen.   oko
Zweideutige Klamotte
Bushido. Eine Werbeanzeige des Hamburger Golden Pudel Club behauptete mal, Niveau sei eine Frage des Stils. Dass Bushido konsequent auf Stil verzichtet, beweist seine jüngste Verlautbarung einmal mehr. Einen Tag nach den Attentaten in Paris veröffentlichte er ein Selfie, auf dem er einen Nike-Pullover mit »Paris«-Schriftzug trägt. Darunter die Zeile: »Bald geht’s wieder rund«. Zweideutig nennen das viele Medien, hinter dem Satz stehen die Hashtags »#ccn3« und »#ccn3kommtundzerficktsoeinige«. CCN 3 steht selbstverständlich für »Carlo Cokxxx Nutten 3« – so lautet der Titel seines kommenden Albums. Ein stilloser Titel. Und über Bushidos Niveau braucht deshalb gar nicht erst geredet zu werden.   oko