Pegida – casse-toi

Einen Tag nachdem in Dresden zum zwölften Mal die Anhänger von Pegida aufmarschiert waren, kürten Sprachwissenschaftler »Lügenpresse« zum Unwort des Jahres 2014. »Lügenpresse« gehört neben »Volksverräter« und »Wir sind das Volk« zu den beliebtesten Parolen, die bei den Pegida-Demonstrationen lautstark skandiert werden. »Vokabular wie bei Goebbels«, titelte Spiegel Online und zitierte die Sprachwissenschaftlerin Andrea-Eva Ewels. »Lügenpresse« ist ein Begriff, der schon Anfang des 20. Jahrhunderts benutzt wurde. »Dahinter standen immer völkische oder nationalistische Anliegen, die die Medien angeblich zu verschleiern suchten«, sagt Ewels. Unter den Nationalsozialisten wurde der Ausdruck zur Diffamierung unabhängiger Medien aufgegriffen. Anlässlich der Anschläge in Frankreich hatten die Organisatoren von Pegida einen »Trauermarsch« angekündigt und ihre Anhänger aufgefordert, Trauerflor zu tragen. »In Dresden wollen Menschen mit Trauerflor am Arm eben jener Opfer in Paris gedenken, die sie vor einer Woche noch als ›Lügenpresse‹ beschimpft haben«, sagte Justizminister Heiko Maas (SPD). Französische Karikaturisten wehrten sich mit einem Flugblatt gegen die zynische Vereinnahmung der Pariser Attentate durch Pegida. »Wir, die französischen und frankophonen Zeichner, sind entsetzt über die Ermordung unserer Freunde. Und wir sind angewidert, dass rechte Kräfte versuchen, diese für ihre Zwecke zu instrumentalisieren«, heißt es dort unter der unmissverständlichen Botschaft: »Pegida, verpiss dich!« Die Pegida-Anhänger reagierten mit jener »beleidigten Entschlossenheit«, die die Zeit unlängst als deren Grundstimmung konstatiert hat. 25 000 kamen, Trauerflore waren nicht zu entdecken, »Lügenpresse« wurde weiter skandiert. Befragt nach dem Anlass für die Teilnahme am »Trauermarsch«, war Trauer um die Opfer der Pariser Anschläge kein Thema, bei Pegida klagte man lieber über »Überfremdung«. Wie jeden Montag.