Alles Kommis außer Mutti

Es ist heutzutage sehr leicht, als Linker zu gelten, jedenfalls in Deutschland. Man muss sich nur gegen »Strukturreformen«, also die kontinuierliche Verschlechterung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Lohnabhängigen, aussprechen, die auch als linksliberal geltenden Medien wie der Süddeutschen Zeitung als so selbstverständlich erscheinen, dass man ihre angebliche Notwendigkeit gar nicht mehr erläutern muss. Pläne des US-Präsidenten Barack Obama wie »Erhöhung des Mindestlohns, bezahlter Mutterschaftsurlaub, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, bessere Kinderbetreuung, höhere Steuern für die Reichen, stärkere Gewerkschaften oder kostenlose College-Ausbildung« seien »ein linkspopulistisches Wunschkonzert«, meint Clemens Wergin, Korrespondent der Welt in Washington. Wer sein Unternehmen durch eine Krankheit schädigt, sollte dafür nicht auch noch bezahlt werden. Wo solches Anspruchsdenken hinführt, sieht man ja bei den Griechen, die einen »Linksradikalen« gewählt haben.
Doch kaum wahrgenommen in Deutschland, wo man sich durch die Globalisierung nicht in seinem provinziellen Denken stören lässt, wird nun auch das World Economic Forum (WEF) in Davos linkspopulistisch. »Wenn man den Einkommensanteil der Ärmsten erhöht, erzielt man einen mulitplizierenden Effekt, den man nicht erzielt, wenn man den Einkommensanteil der Reichsten erhöht«, sagte die Christine Lagarde, Direktorin des Internationalen Währungsfonds, der bereits mit der kommunistischen Forderung nach einer einmaligen Vermögensabgabe von zehn Prozent aufgefallen war. »Die größten Risiken und Gefahren gehen von der Ungleichheit aus«, meint nun sogar Philipp Rösler. Ja, der Philipp Rösler von der FDP, der seine Anschlussverwendung beim WEF gefunden und sich geschmeidig dem neuen Arbeitgeber angepasst hat. Lagarde und ihre Diskussionspartner fordern nun »Billionen zur Bewältigung der globalen Ungleichheit und zur Schaffung von Arbeitsplätzen«, denn außer den deutschen Wirtschaftsesoterikern ist mittlerweile fast jedem auf diesem Planeten aufgefallen, dass die Flutung des Marktes mit billigem Geld nicht den erwünschten Effekt hatte. Eine nicht unerhebliche Summe – den Zahlen des WEF zufolge 25 Billionen Dollar – wird in Steueroasen oder auf Firmenkonten gebunkert und nicht investiert, denn es fehlt an potentiellen Kunden. Sogar das schreckliche Wort Umverteilung fiel daher bei den WEF-Debatten. In der Wirtschaftspolitik ist die deutsche Regierung mittlerweile so isoliert wie die nordkoreanische in der internationalen Diplomatie. Wenn aber sogar ein Philipp Rösler etwas dazulernen kann, besteht Hoffnung, und sei es, weil Deutschland sich der Übermacht der bolschewistischen Horden irgendwann beugen muss.