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Hoppla, das ging aber schnell. Nach diesem Wahlsonntag dürfte es selbst der deutschen Boulevardpresse schwer fallen, weiter am Bild des trägen, faulen Griechen zu basteln. In den Wochen zuvor hatten deutsche Medien von einer »Schicksalswahl« gesprochen. Nachdem sich abgezeichnet hatte, dass aus ihr ein Linksbündnis als Sieger hervorgehen könnte, wurde für diesen Fall lautstark der »Grexit« gefordert. Allerdings blieb den Medien kaum Zeit, sich vom »Wahlbeben« in Griechenland zu erholen. Am Sonntag fand die Parlamentswahl statt, am darauffolgenden Tag wurde der Wahlsieger, Alexis Tsipras, bereits als neuer griechischer Ministerpräsident vereidigt. Das ging wohl auch Politikern der deutschen Linkspartei ein wenig zu rasant. Hatte man am Abend noch über den Sieg der Linksallianz Syriza gejubelt, erhielt die Euphorie schon am nächsten Tag einen heftigen Dämpfer. Tsipras ist ein Regierungsbündnis mit der rechtspopulistischen Partei »Unabhängige Griechen« (Anes) eingegangen. Eine Partei, die nationalistische Töne spuckt, gegen Migranten hetzt, gegen Homosexuelle agitiert und bei jeder sich bietenden Gelegenheit die orthodoxe Kirche verteidigt. Wie passt das zusammen? Das kann Dietmar Bartsch, der Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, im Interview, das wir mit ihm geführt haben, auch nicht beantworten. Ihm bereitet die Koalition mit den Rechtspopulisten zwar Bauchschmerzen, er hofft aber auch auf einen Schuldenschnitt für die Griechen und wertet den Regierungswechsel in Griechenland als wichtiges Signal für Europas Linke. Bei der Bundesregierung dürfte der Sieg von Tsipras hingegen für Alarmismus gesorgt haben. In vielen Staaten der Euro-Zone sympathisiert nicht nur die Opposition, sondern auch die Regierung mit Syriza. Es stimmt, dass bei der Parlamentswahl in Griechenland die deutsche Austeritätspolitik abgestraft wurde, aber derzeit erweckt die Bundeskanzlerin nicht den Eindruck, als wolle sie von ihrem fatalen Spardiktat und der katastrophalen Krisenpolitik lassen, stattdessen wünschte sie Griechenlands neuem Ministerpräsidenten in einem Glückwunschschreiben »viel Kraft und Erfolg«. Und wies ihn prompt darauf hin, dass er sein »Amt in einer schwierigen Zeit« angetreten habe. Die gute Nachricht ist, für Angela Merkel werden die Zeiten nach dieser Wahl auch schwieriger.