Herz und Hass

Der Lichtblick ist eigentlich Dresdens Sache nicht. Doch es gibt Momente, in denen man hoffen kann, die Dinge würden nicht nur schlechter. Während 400 Anhänger des britischen Pegida-Ablegers in Newcastle eine Niederlage erleiden, demonstrieren etwa 4 000 Menschen unter dem Motto »Refugees welcome« in Sachsens Landeshauptstadt. Die Initiative dafür ging maßgeblich von Geflüchteten aus, die sich wegen der durch Pegida nochmals verschärften Situation enger als bisher mit linken Gruppen zusammenschlossen. Zu den Aufrufenden gehört unter anderem das »Asylum Seekers’ Movement« aus Chemnitz. Bereits seit Wochen hat die Semperoper auf dem Theaterplatz Fahnen »für eine weltoffene Stadt« gehisst. So denkt auch ein Großteil der Demonstrierenden, bis hin zu einem euphorischen Megaphonträger, der sich lauthals wünscht, »Butz Lachmann« möge sich doch »in seiner Villa vor Angst in die Hose kacken«. Das eher diffuse Szenario wird im Anschluss an die Demonstration durch ein sehr konkretes ergänzt: Einige der für ihre Rechte demonstrierenden Geflüchteten besetzen kurzerhand den Theaterplatz. Sie kündigen an, dort einen Monat lang ihren Forderungen Ausdruck zu verleihen. Zu diesen gehören, dass ihnen von der sächsischen Staatsregierung Bürgerrechte eingeräumt und die Unterbringung in Lagern abgeschafft werden wird. Wie bereits in anderen Städten werden Zelte, Toiletten, eine Küche und ein Infotreffpunkt aufgebaut, etwa 100 Menschen harren in der ersten Nacht dort aus. Ein Lichtblick auf dem Theaterplatz, die bittere Normalität der Dresdner Zustände kehrt dann allerdings bereits am Montagabend wieder zurück: Nach dem Ende der Pegida-Demonstration versucht ein rassistischer Mob stundenlang, das Camp anzugreifen. »Deutschland den Deutschen, Ausländer raus« wird skandiert und »räumen, räumen«. Die Räumung des Camps wird dann am Morgen darauf durchgesetzt, diesmal von der Dresdner Polizei.