Feuchter Hauptstadttraum

Tatort. So sähe er wohl aus, der feuchte Traum eines westdeutschen Reihenhausbewohners, wenn er sich seinen Wochenendausflug in die Hauptstadt frei zusammenphantasieren dürfte: genau wie die hektisch geschnittene Kolportage, durch die sich das neue Berliner Tatort-Ermittlerteam – Meret Becker und Mark Waschke – schreiend und grimassierend hindurchmimt. Alle Horror-Locations, alle Spießerängste werden bedient; Kreuzberg, Wedding, Zoo, Libanesenmafia, SM-Sex, Koks, Armenspeisung, Hipster-Kneipe und als Höhepunkt blutrünstige Schlitzerei á la Hannibal Lecter. Ein Tatort wie maßgeschneidert für das Ber­liner Tourismus-Marketing, zumal das Ganze seinen Ausgang auch noch in einem Apartment nimmt, das via Internet-Börse gebucht wurde. Wem dabei schlecht geworden ist, kann sich immerhin sicher sein, dass sein Sensorium noch halbwegs realistisch justiert ist, der Rest soll gleich mal eine Ferienwohnung in Berlin, direkt am Hölleneingang sozusagen, anmieten. Hoffen der RBB und die Berlin Tourismus GmbH.   uk
Katarrh aus Katar
WM. Nun ist es endgültig raus: Die Wüsten-WM in Katar 2022 wird definitiv im europäischen Winter stattfinden. Das ist doch einmal eine erfreuliche Nachricht von diesem Fifa-Turnier, das von Skandalen geprägt ist, von Sklavenarbeit und Korruptionsaffären, die sogar Franz Beckenbauer, die »Lichtgestalt« des deutschen Fußballs, in schiefes Licht setzten. Ein weiteres Sommermärchen wird einem also erspart bleiben, Schneeregen und Minusgrade sprechen eben gegen Autokorsos, Fanmeilen und luftige Deutschland-Shirts. Dass das Endspiel auf den Vierten ­Advent gelegt wurde, der das Pech hat, auf den katarischen Nationalfeiertag zu fallen, empört eigentlich nur die Kirchen, weil es ihnen vorführt, dass sie im globalen Religions-Ranking nur zweiter Sieger sind. Die Partyindustrie hingegen kann Flexibilität beweisen: Schwarz-Rot-Goldene Einlegesohlen könnten ein Renner werden, Fan-Weihnachtsmärkte mit Glühwein-Druckbetankung wären eine Überlegung wert oder auch Weihnachtsgebäck mit dem Konterfei von Sepp Blatter.   uk
Schöner wohnen
Gentrifizierung. Wohlstand ist das einzige, was sich vergrößert, wenn man es teilt – oder wie lautet das alte Sprichwort doch gleich? Dass die findigen Unternehmer der sharing economy anderes als den Kommunismus im Sinn haben, ist keine Neuigkeit. Dass der Boom des Online-Portals Airbnb – erste Wahl, wenn es darum geht, sich eine Bleibe für den Kurzurlaub zu organisieren, und zwar in sehr vielen Gegenden der Welt – sich auf die Mietpreisentwicklung in Großstädten auswirken könnte, ebenso wenig. Aber die Zahlen sind beeindruckend. Drei Potsdamer Studenten haben im Rahmen ihres Projekts »Airbnb vs. Berlin« gezählt, gerechnet und das zusammengetragene Datenmaterial veröffentlicht. 12 000 Wohnungen werden über Airbnb allein in Berlin angeboten. Vorrangig in Szenebezirken, versteht sich: Prenzlauer Berg, Friedrichshain, Kreuzberg, Neukölln. Allein in der Neuköllner Sonnenallee sind über 100 Angebote zu finden, im Reuterkiez – wo die Mietpreise drastisch gestiegen sind – sind es beinahe 500.   oko
Lass die Sorgen Sorgen sein
Fraggle Rock. Es gibt Fragen, die manchem seit den achtziger Jahren schlaflose Nächte bescheren: Wieso verrichten die Doozer den ganzen Tag Bauarbeiten? Wird den Fraggles nicht übel von so vielen Radieschen? Und was hat es zu bedeuten, dass ausgerechnet eine Müllhalde zum allwissenden Orakel wird? Dem Hollywood Reporter zufolge haben die Arbeiten an einer Verfilmung der Fraggles-Serie endlich begonnen. Joseph Gordon-Levitt wird voraussichtlich mitspielen, in welcher Rolle auch immer. Der 1990 verstorbene Jim Henson, der nicht nur die Fraggles kreierte, sondern auch die Figuren der Muppet-Show und der Sesamstraße, hätte sicherlich eine gute Idee gehabt.   oko