Linzer und Landser

Moik. De mortuis nihil nisi bene, hat man vor langer Zeit mal in der Schule gelernt. Aber es muss auch Ausnahmen von dieser sehr anständigen Regel geben, die jene vor Anfeindungen schützt, die sich nicht mehr wehren können, weil sie eben tot sind. Denn wer schützt die Lebenden vor den nervigen Hinterlassenschaften so manches Verstorbenen? Vor dem »Musikantenstadl« beispielsweise, dem wie Arsch-auf-Eimer passenden Begleitprogramm der geistig-moralischen Wende – 1981 ging die Sendung eines gewissen Karl Moik das erste Mal über österreichische Fernsehschirme, 1983 dann auch in Deutschland –, dem Soundtrack des Anschlusses der DDR, dem Kulturprogramm für Hoyerswerda und Lichtenhagen? Die verheerende Liebe der Deutschen zur Marschmusik wird heute von der Volksmusik bedient, lange Jahre präsentiert von Karl Moik, der den Linzer Charme zur Landsermusik lieferte. Nun ist der Moderator in einem Salzburger Krankenhaus gestorben – der »Musikantenstadl« aber läuft leider Gottes weiter.   uk
Wiederholungszwang
A-ha. Eigentlich ist das Internet schuld. Schuld daran, dass gealterte Popstars sich offenbar nicht mehr aufs Altenteil zurückziehen können und, falls die Kohle doch mal knapp wird, einfach ein sich gut verkaufendes Best-of-Album absetzen – das Ganze also ohne weitere musikalische Peinlichkeit abgeht. Mittlerweile haben sich die Spielregeln geändert, mit dem Tonträgerverkauf wird der Kohl nicht mehr fett, weswegen die Musikindustrie zur Eventindustrie mutiert und die Konzertbühnen zu Zombielaufstegen werden. Die Abschiedstournee der Scorpions geht in immer wieder neue, letzte Auflagen, die Rolling Stones verabschieden sich seit Jahrzehnten und auch der Fön-Pop der Achtziger will partout nicht in der Mottenkiste verschwinden. So kommt es, wie es kommen muss: A-ha haben vergangene Woche den Rücktritt vom Rücktritt bekanntgegeben und ein neues Album angedroht, »Cast in Steel« soll es heißen. Unser Tipp im Voraus: Weghören und Autoradio aus.   uk
Problematische Abweichung
Heidegger. Potzblitz, Heidegger war Antisemit. Jahrzehnte nach den Enthüllungen von Victor Farias zum deutschen Jahrhundert-Philosophen kommt nun auch der renommierte Klostermann-Verlag, bei dem die bislang autoritative Heidegger-Gesamtausgabe erscheint, ins Grübeln; ins Grübeln nämlich darüber, ob man da nicht eine vom leitenden Herausgeber Friedrich-Wilhelm von Herrmann und Martin Heideggers Sohn Hermann blitzsauber entnazifizierte Überarbeitung von Heideggers Schriften untergejubelt bekommen hat. Einiges deutet nämlich darauf hin, dass Heidegger sich nicht nur in seinem Nachlass, den »Schwarzen Heften«, als vulgärer Judenhasser ausgelassen hat. Die Zeit zitierte gerade aus einem Schreiben des Verlags, in dem darauf hingewiesen wird, dass unter anderem im Band 39 (Hölderlins Hymnen Germanien und Der Rhein) eine Abkürzung »N.soz« fälschlich als »Naturwissenschaft« gelesen wurde. Fürwahr eine »problematische Abweichung«, wie Klostermann sorgenvoll anmerkt.   uk
Schnappis Ende
Sifis. Herrlich gemütlich war es vermutlich, das Leben in der sommerlich aufgeheizten Brühe des Stausees auf Kreta. Und wenn es langweilig wurde, ließen sich immer noch Urlauber erschrecken. Ein paar halbherzige Fangversuche musste Sifis ertragen, bis man den Wert des Krokodils für die Region um Amari entdeckte. Und so stieg das Reptil, das wahrscheinlich im Juli 2014 ausgesetzt wurde, von einer Bedrohung zur Attraktion auf. Wie es sich gelassen durchs Wasser gleiten und von der Sonne brutzeln ließ – Sifis lebte den Traum vieler Touristen. Allerdings nicht lange. Am Montag ist Sifis tot aufgefunden worden. Wissenschaftlern zufolge hat das Tier die Winterkälte nicht überleben können. R.I.P.   oko