Berlin Beatet Bestes. Folge 284.

Punk liebt Comic

Berlin Beatet Bestes. Folge 284. Sex Pistols: Something Else (1979).

Solange ich denken kann, sammele ich Comics und Platten und die perfekte Mischung daraus: Platten mit Comic-Covern. Die beiden populärkulturellen Genres, Rock ’n’ Roll und Comic, die traditionell von Amateuren beherrscht werden, passen gut zusammen. Abgesehen davon verweisen lustige Cover üblicherweise darauf, dass der Inhalt auch lustig oder für Kinder geeignet ist. Platten, die sich gleichermaßen an Kinder und Erwachsene richteten, wurden im Mutterland der Popmusik Novelty-Platten genannt. Novelty heißt witzig und neu zugleich. Eine absolute Neuheit stellten in den fünfziger Jahren zum Beispiel die Chipmunks dar, eine fiktive Grupppe von niedlichen Cartoon-Backenhörnchen, die mit hochgepitchten Stimmen Pop- und Rock ’n’ Roll-Hits nachquäkten. Aber auch ein Disco- und ein Punk-Album gibt es von ihnen. Womit wir beim Thema »Punk und Comic« wären, mit dem sich Fabienne Anthes in der aktuellen Ausgabe des deutschen Magazins Punkrock beschäftigt hat.
Auf zwölf Seiten lässt sie so ziemlich jeden Comiczeichner, der in den vergangenen 40 Jahren mit diesen beiden Genres zu tun hatte, zu Wort kommen. Im Fokus steht dabei vor allem die deutsche Punk-Comic-Szene, die in dieser Form bisher noch nie so ausführlich vorgestellt wurde. Neben Zeichnern der alten Garde, die schon seit den achtziger Jahren arbeiten, also Peter Puck, Kim Schmidt und Schwarwel, stehen jüngere Zeichnerinnen wie Anna Haifisch, Anna Bas Backer und Carolin Walch. International bekannte Comic-Zeichner wie Gary Panter, Jamie Hernandez, John Holmstrom, Savage Pencil und Raymond Pettibon finden natürlich auch Erwähnung.
Dass so viele Witzzeichner sich mit Punk beschäftigt haben oder sogar mal Punks waren, verweist eigentlich schon auf den herrlich idiotischen Charakter von Punk. So erfand der New Yorker Comiczeichner John Holmstrom mit dem Punk Magazine auch gleich den Namen des Genres. Natürlich war Holmstrom auch der Hauszeichner der Ramones, neben den Sex Pistols die Cartoon-Punk-Band schlechthin. Konsequenterweise enthält der 1979 entstandene Film »The Great Rock ’n’ Roll Swindle« gleich eine ganze animierte Sex-Pistols-Cartoon-Sequenz. Obwohl Malcom McLaren den Film als Parodie auf die Sex Pistols und Punk verstand, ist nicht zu leugnen, dass Sid Vicious, Johnny Rotten und Co. sich selbst als überzeichnete Figuren inszenierten. Wie schon 20 Jahre zuvor Elvis Presley und wiederum 20 Jahre früher Louis Armstrong, Cab Calloway und Fats Waller. Auch diese tauchen danach als animierte Cartoon-Charaktere in diversen Jazz-Kurzfilmen der dreißiger Jahre auf. Ein gezeichneter Sid Vicious mit Hakenkreuz-T-Shirt aus dem »Rock ’n’ Roll«-Swindle-Film ist auf der Singleauskopplung von »Something Else« und »Friggin’ in the Riggin« abgebildet. Die Gestaltung der Hülle übernahm wie üblich Jamie Reid, der erste und wichtigste Punk-Graphiker.
Wer den animierten Film und somit die Zeichnungen hergestellt hat, konnte ich leider nicht herausfinden.
Mein Name ist Andreas Michalke. Ich zeichne den Comic »Bigbeatland« und sammle Platten aus allen Perioden der Pop- und Rockmusik. Auf meinem Blog Berlin Beatet Bestes (http://mischalke04.wordpress.com) stelle ich Platten vor, die ich billig auf Flohmärkten gekauft habe.