Berlin Beatet Bestes. Folge 286.

Wir bleiben hier

Berlin Beatet Bestes. Folge 286. Die halbe Miete: Wir lassen uns das Mieten nicht verbieten (2014).

Im vergangenen Sommer entdeckte meine Freundin bei uns im Treppenhaus einen Aushang, der auf einen Song-Wettbewerb unserer Wohnungsbaugesellschaft hinwies. Voraussetzung für die Teilnahme: Mindestens ein Musiker musste Mieter der Wohnungsbaugesellschaft sein. »Da müssen wir mitmachen! Wir sind doch auch Mieter!« sagte sie spontan. Ein paar Tage danach saß Franky bei uns in der Küche und spielte auf der Gitarre, während meine Freundin Reime formulierte und ich dazu trommelte. Wenig später hatten wir den Song auch schon fertig: »Wir lassen uns das Mieten nicht verbieten«. Unser Duo nannten wir Die halbe Miete.
Während ich auf dem Comic-Salon in Erlangen war, spielte Franky uns beim Casting ins Finale. Anfang August traten wir auf einer Bühne am Kreuzberger Mehringplatz vor Anwohnern und einer Jury auf. Den ersten Platz machte eine Familie mit einem lateinamerikanischen Lied. Den zweiten ein zehnjähriger arabischer Rapper. Den dritten Platz und immerhin 500 Euro gewann Die halbe Miete für den einzigen selbstgeschriebenen Song. Es ist eine augenzwinkernde Mischung aus Ton Steine Scherben und Grips-Theater, in dem es zwar nicht um Hausbesetzungen, aber doch ganz ernst um Gentrifizierung und faire Mieten geht.
»Schon länger geht’s in vielen Diskussionen,/ ums Thema hohe Mieten, ums Bauen und Wohnen./Was ist da eigentlich schief gelaufen?/Alle reden von Krediten und Wohnungen kaufen./Auch Hannes meinte neulich zu mir, im Treppenhaus:/»Ich zahl’ doch keine Miete mehr! Ich zieh’ aus!«/Die neue Wohnung hat ihm Papa spendiert./Da hat er sein Erspartes auch noch schnell investiert./Aber wir machen da nicht mit. Wir wollen mieten!/Wir lassen uns das Mieten nicht verbieten!/Wir woll’n nicht nach Bernau oder Großziethen./Wir lassen uns das Mieten nicht verbieten. Oh, no!/Wir bleiben hier, wir bleiben hier./Baby, ich sag’ zu dir: Wir bleiben hier, wir bleiben hier./Bleiben in unserm Revier …  Bleib’ mit mir … /
Hier passiert grade ’ne Menge, man sieht’s./ ­Koffer rollen durch unseren Kiez./Völlig ohne Sinn und Zweck,/nehm’ sie uns den Wohnraum weg./ Du sagst: Keine Sorge, wird schon nichts passier’n./Doch ich hab schon Angst, dass wir die Wohnung verlier’n,/wenn sie hier ringsum auch noch alles sanier’n,/um weiter ihre Profite zu kassier’n./Aber wir machen da nicht mit, wir wollen mieten!/Wir lassen uns das Mieten nicht verbieten!/Wir woll’n in der Stadt ’ne Wohnung mieten./Ich schrei’ es laut hinaus und geb’s euch auch gern schriftlich auf Papier:/Wir bleiben hier, wir bleiben hier./
Seht euch die Straße doch mal an:/Ausverkauf soweit man sehen kann./Da wohn’ ich lieber auf’m Hauf’n Schutt./Die kaufen uns ja hier die ganze Stadt kaputt./Macht keine Ferienwohnung, wo noch Leute wohnen./Normale Mieter schein’ sich janich mehr zu loh’n./Aber soll’n denn in den innerstädtischen Zonen nur noch Touristen und Reiche wohnen?/Nein, wir lassen uns das Mieten nicht verbieten.«

Mein Name ist Andreas Michalke. Ich zeichne den Comic »Bigbeatland« und sammle Platten aus allen Perioden der Pop- und Rockmusik. Auf meinem Blog Berlin Beatet Bestes (http://mischalke04.wordpress.com) stelle ich Platten vor, die ich billig auf Flohmärkten gekauft habe.