Freunde der Hamas trafen sich am Wochenende in Berlin

Glücksrad für das Rückkehrrecht

In Berlin luden Freunde der Hamas zu einer großen Konferenz. Nicht nur Gegner der palästinensischen Islamisten demonstrierten vor der Halle, sondern auch die Gegner der Gegner.

Die Anhänger von »Bärgida« und »Jewgida« durften nicht mitmachen. Als die sechs Rechtsextremen, ein Kippaträger unter ihnen, versuchten, sich der Kundgebung unter dem Motto »Berlin gegen Hamas« anzuschließen, scheiterten sie am Veranstalter. Sie zogen ab und meldeten auf einer Wiese eine eigene Kundgebung an.
Die Protestveranstaltung »Berlin gegen Hamas« richtete sich gegen die »13. Konferenz der Palästinenser in Europa«, die am Samstag in der Arena in Berlin-Treptow mit dem Titel »Palästinenser Europas und das palästinensische Nationalprojekt« stattfand. Organisiert wurde die Konferenz vom Palestinian Return Centre (PRC), das in London ansässig ist, und von der Palästinensischen Gemeinschaft in Deutschland (PGD). Sie fand zum vierten Mal hierzulande statt und dient als europäisches Propagandaforum der Hamas. Bei vergangenen Konferenzen des PRC gab es mehrfach Auftritte von Führern der Hamas, manchmal wurden diese auch live zugeschaltet. Zur 12. Konferenz in Paris bedankte sich der Hamas-Sprecher Fawzi Barhoum bei den Veranstaltern, die »den Zionisten Unbehagen und Ärger bereitet« hätten.
Zum Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde, der grundsätzlich bereit ist, über eine Zwei-Staaten-Lösung zu verhandeln, besteht hingegen ein unterkühltes Verhältnis. 2013 sah sich Mahmoud Abbas mit Vorwürfen konfrontiert, er habe sich gegen die 11. Konferenz in Brüssel ausgesprochen. Die Facebook-Seite »Aufruf zum Boykott des Präsidenten Mahmoud Abbas« steht der PGD zumindest nahe; alle auf der Seite beworbenen Veranstaltungen wurden von der PGD organisiert.
Die Hamas lehnt Verhandlungen und die Existenz Israels grundsätzlich ab. Das Logo zur diesjährigen Konferenz zeigte, wie schon in den vergangenen Jahren, die Umrisse des Staates Israel und dessen Gebiet in den palästinensischen Nationalfarben. Diese Symbolik war auch auf diversen Kleidungsstücken, Büchern und Plakaten zu sehen, die man auf dem Flohmarkt vor der Konferenzhalle kaufen konnte.

Der Flohmarkt fügte sich in ein Gesamtkonzept ein, das darauf zielte, möglichst viele Leute anzuziehen: Glücksrad hier, Talentwettbewerb da, einstündiger palästinensischer Folkloretanz zwischendurch. Und so hatten ungefähr 3 000 Teilnehmer den Weg nach Treptow zu dieser arabischsprachigen Konferenz gefunden, unter anderem mit mindestens 39 Bussen, von denen etwa 20 aus dem europäischen Ausland kamen.
Bei den Programmpunkten mit explizit politischen Inhalten, beispielsweise den Reden, waren sprachkundige Polizisten anwesend, die jedes Wort aufmerksam verfolgten. Innensenator Frank Henkel (CDU) hatte angekündigt, die Veranstaltung abbrechen zu lassen, sollten »volksverhetzende Parolen« fallen. Die Kernforderung der Konferenz war das »Rückkehrrecht« für alle Menschen mit palästinensischem Flüchtlingsstatus. Eine solche »Rückkehr« käme jedoch einer faktischen Abschaffung Israels gleich. Der Flüchtlingsstatus der während des Unabhängigkeitskriegs geflohenen Palästinenser wird – so wollen es die Vereinten Nationen – unbegrenzt an nachfolgende Generationen vererbt. Das ist einmalig auf der Welt, alle anderen Flüchtlinge können ihren Flüchtlingsstatus nicht weitergeben. Mittlerweile gibt es Millionen sogenannter palästinensischer Flüchtlinge, die nie geflohen sind.

Die Gegenkundgebung »Berlin gegen Hamas« wurde von der Amadeu-Antonio-Stiftung, dem American Jewish Committee Berlin und Volker Beck (Grüne), dem Vorsitzenden der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe im Bundestag, organisiert. Dem Aufruf folgten etwa 200 Personen. Die Demonstration fand gegenüber der Konferenzhalle statt. Obwohl auch Konservative wie die Junge Union den Aufruf unterzeichnet hatten, dominierten Flaggen und Banner mit Antifa-Logo das Bild. Verschiedene Redner wiesen auf die Ziele der Hamas, ihre terroristische Praxis, ihre Propaganda und ihre Strategie hin. Hakan Tas, der für die Linkspartei im Berliner Abgeordnetenhaus sitzt, stellte klar: »Wer das Existenzrecht Israels in Frage stellt, kann kein ernsthaftes Interesse an einer Lösung des Konflikts haben, ganz im Gegenteil. Die Hamas lebt vom Konflikt.«
Mindestens ein Parteifreund von Tas bewertet die Konferenz anders. Phil Butland, einer der Sprecher des »Bundesarbeitskreises Gerechter Frieden im Nahen Osten« der Linkspartei, warb in der Konferenzhalle mit einem Stand für seine Partei. Der Jungle World sagte er, die Bundestagsabgeordnete Inge Höger, die ebenfalls dem Arbeitskreis angehört, sei sehr traurig, dass sie die Konferenz nicht besuchen könne. Auf der Konferenz 2011 in Wuppertal war sie noch dabei. Damals trug sie auf der Bühne einen Schal, auf dem Palästina in den Grenzen von 1947 zu sehen war – von Israel keine Spur.
In der Nähe der Halle fand eine weitere kleine Kundgebung statt, die sich unter dem Motto »Keinen Fußbreit den Faschisten! Nato und Zionisten blockieren!« wiederum gegen »Berlin gegen Hamas« richtete. Anmelder und Dauerredner war Fuad Afane, der sich bei den »Patriotischen Europäern gegen die Amerikanisierung des Abendlandes« engagiert und auf Facebook unter anderem schreibt: »Aschkenasim sind keine Semiten. Ausländer raus aus Palästina«. Die Kundgebung fand auf derselben Wiese statt wie die der beleidigten Rechtsextremen, die bei »Berlin gegen Hamas« unerwünscht waren. Die Lieder der Band »Die Bandbreite«, die Afane abspielte, dürften auch beim Bärgida-Publikum gut angekommen sein. Allerdings mussten einige von Afanes Anhängern schon bald weiter: In Berlin-Mitte wurde gegen Chemtrails demonstriert.