Sich einen Wolf suchen

Wer am Samstagnachmittag den Berliner Hauptbahnhof verlassen wollte, geriet in eine obskure Veranstaltung. NPD-Mitglieder und Angehörige verschiedener Nazikameradschaften aus dem gesamten Bundesgebiet hatten sich dort mit Reichsbürgern und rechten Eso­terikern unter dem Motto »100 000 Stimmen gegen die Islamisierung und Amerikanisierung Europas« versammelt. Die Teilnehmer machten ihre Gesinnung durch Aufschriften auf T-Shirts und Bannern deutlich. Parolen wie »Wo Unkraut wächst, muss gejätet werden« oder »Unser Leben, unser Land, maximaler Widerstand« waren dort zu lesen. Dazwischen tummelte sich ein junges Paar mit einer Israel-Fahne. »Wir wollen als Juden ein Statement gegen Islamisierung abgeben, aber mit dem, was hier vertreten wird, sind wir nicht einverstanden«, sagten sie zu Henryk M. Broder. Der Publizist dürfte mit seiner Stippvisite bei diesem Stelldichein neue Erkenntnisse über die Befindlichkeit der völkischen Bewegung gesammelt haben. Die Redner beschworen den Kampf gegen die USA, gegen die »Früh­sexualisierung« deutscher Kinder und die »Flüchtlingsinvasion«. Wirklich zufrieden mit dem Aufmarsch verschiedener rechter Gruppen konnten die Veranstalter nicht sein. Mit 400 Teilnehmern fiel die Großkundgebung eher klein aus. Zudem ließen die russischen »Nachtwölfe«, die von den Veranstaltern als besondere Gäste angekündigt waren, den Termin am Hauptbahnhof einfach sausen. Auf rechten Internetseiten wird Pegida-Gründer Lutz Bachmann als Schuldiger für diesen Flop ausgemacht. Bachmann hatte sich noch am Vortag mit einigen »Nachtwölfen« getroffen, habe aber aus »egoistischen Gründen« nicht nach Berlin mobilisiert. Im Treptower Park wurden allerdings »Nachtwölfe« gesichtet. Die Rechten planen derweil ihre nächste Pleite. Eine Initiative »Widerstand Ost West« ruft für den 20. Juni zu einer Großdemonstration »gegen islamischen und linksradikalen Faschismus« in Frankfurt am Main.