Weiße Weste

Er hat sich schon das richtige Land ausgesucht, um stets dessen Geschicke zu bestimmen: Nicht zu groß, immer schön warm und die Drogenversorgung scheint auch gesichert. Dési Bouterse kann sich nach den Wahlen voriger Woche in Suriname einer zweiten Amtszeit als Präsident sicher sein. Die 1987 von ihm gegründete Nationale Demokratische Partei (NDP) gewann 27 der 51 Sitze des Parlaments; die Abgeordneten bestimmen den Präsidenten, der gleichzeitig Regierungschef ist. Bouterse wurde 2010 zum ersten Mal demokratisch ­gewählter Präsident Surinames. Bereits als führendes Mitglied der Militärdiktatur (1980–1987) spielte der heute 69jährige eine wich­tige Rolle in der Politik des kleinsten unabhängigen Staats Südamerikas. 1980, fünf Jahre nach der Unabhängigkeit des Landes von der niederländischen Kolonialmacht, hatte er als damaliger Präsident der Militärgewerkschaft mit einer Gruppe von Unteroffizieren gegen den amtierenden Präsidenten Surinames geputscht. Anfangs sollen die militärischen Machthaber in der Bevölkerung beliebt gewesen sein, doch sie begingen Menschenrechtsverletzungen. Aufsehen erregte vor allem der Mord an 15 regimekritischen Oppositionellen 1982. Ein Gerichtsverfahren, in dem Bouterse einer der Hauptbeschuldigten war, wurde zwar 25 Jahre später eröffnet. Es endete ­jedoch damit, dass das Parlament, in dem Bouterses Koalition eine Mehrheit hatte, kurz vor dem Urteilsspruch 2012 ein Amnestiegesetz für die mutmaßlichen Mörder von 1982 erließ. Auch die Täter des Massakers, das Truppen des Regimes während des Kriegs gegen die Guerilla 1986 an mindestens 39 Einwohnern des Dorfs Moiwana verübt hatten, wurden bis heute nicht zur Verantwortung gezogen.
Nach dem Ende der Militärdiktatur widmete sich Bouterse mutmaßlich dem Drogenhandel. Er soll Verbindungen zu Kartellgrößen unterhalten, 1999 wurde er in den Niederlanden in Abwesenheit zu einer elfjährigen Gefängnisstrafe wegen des Schmuggels von 474 Kilo Kokain verurteilt. Ein Auslieferungsabkommen besteht zwischen Suriname und der ehemaligen Kolonialmacht aber nicht. Désis Sohn Dino Bouterse sitzt derzeit eine mehrjährige Haftstrafe wegen Drogen- und Waffenhandels in den USA ab. Doch offenbar steht ein großer Teil der Bevölkerung Surinames noch hinter Dési Bouterse, der sich als antikolonialer Revolutionär inszeniert und dank seiner Sozialprogramme Stimmen gewonnen haben soll.