Politik zum Frühstück

Nie wieder Nutella? Unmöglich. Das sah Ségolène Royal gerade noch rechtzeitig ein und entschuldigte sich per Twitter. Zwei Tage zuvor hatte die französische Ministerin für Umwelt, Nachhaltigkeit und Energie in einer Talkshow zum Boykott aufgerufen. »Man muss aufhören, Nutella zu essen«, hatte die 61jährige am Montag voriger Woche gesagt. Nutella enthält Palmöl. Das pflanzliche Fett macht das Produkt leicht verstreichbar, doch werden für Ölpalmenplantagen Regenwälder ­gerodet. »Das richtet beträchtliche Schäden an«, so Royal. Für eine Umweltministerin ist es eine konsequente Haltung, auf einen umweltfreundlicheren Konsum zu drängen. Zeit Online berichtete von 105 Millionen Nutella-Gläsern, die die französische Bevölkerung im Jahr leere. Doch Royals Aufruf folgte große Empörung. Agnese Landini, die Frau des italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi, ließ sich in der Zentrale des Konzerns Ferrero demonstrativ ein Crêpe mit Nutella servieren. Der italienische Nutella-Hersteller Ferrero kommentierte Royals Aussage nur indirekt: »Wir beschaffen unser Palmöl, dessen Anteil weniger als 0,3 Prozent der weltweit produzierten Palmölmenge ausmacht, auf nachhaltige Art und Weise.« Für alle Ferrero-Produkte werde ausschließlich als »nachhaltig zer­tifiziertes, segregiertes RSPO-Palmöl« eingesetzt, antwortete der Konzern bei Facebook auf einen kritischen Kommentar.
Ob die Zertifizierung der Organisation Round Table on Sustain­able Palm Oil (RSPO) tatsächlich allen ökologischen und sozialen Ansprüchen genügt, ist sehr umstritten. Trotzdem entschuldigte sich Royal. Bereits 2007, als Präsidentschaftskandidatin der Sozia­listischen Partei (PS), war sie der Öffentlichkeit zu weit gegangen, als sie »Erziehungseinrichtungen nach der Art des Militärs« forderte, in denen »die jungen Leute an die Hand genommen werden«. Ihr politischer Standpunkt war selbst im PS umstritten. Bei einer deutsch-französischen Regierungskonsultation im April sorgte sie bei ihren Kollegen für Unmut, als sie eine Viertelstunde über Klimapolitik redete, obwohl ihr nur drei Minuten zustanden. Wenn es um »ihr Thema« geht, ist die Exfrau von Frankreichs Präsident François Hollande eben sehr entschlossen. Doch warum sie ausgerechnet Nutella ins Rampenlicht rückte, bleibt unverständlich. Denn es gibt wenige Produkte im Supermarktsortiment, in denen Palmöl nicht enthalten ist.