Der Melonenmann

Patrick Macnee. Sein Gesicht war deutlich berühmter als sein Name: Der britisch-amerikanische Schauspieler Patrick Macnee verkörperte in der klassischen Kultserie der sechziger Jahre, »Mit Schirm, Charme und Melone« (The Avengers), den smarten, immer Fassung und kühlen Humor bewahrenden britischen Agenten John Steed. Zusammen mit seiner Partnerin Emma Peel (gespielt von Diana Rigg) löste er in einem Setting, das wie kein zweites die Stimmung des mondänen London der Sechziger auf die Mattscheibe brachte, Fälle, die zeittypische Themen wie Roboter, Parapsychologie und Drogen originell variierten. Steed bevorzugte Champagner der Marke Laurent-Perrier, sein Markenzeichen war die Melone, ohne die er niemals das Haus verließ. Nach dem Auslaufen der Serie sprang Macnee stets kongenial in die Bresche, wo immer britisches Understatement und Noblesse filmisch gefragt, David Niven oder Roger Moore aber schon ausgebucht waren. Macnee starb vergangene Woche 93jährig in Südkalifornien.   uk
Alberich und Wotan
Updates. Kirill Petrenko wird Simon Rattle 2018 als Chefdirigent der Berliner Philharmoniker ablösen. Hurra! Doch eine Kommentatorin des NDR sieht finstere Kämpfe am Horizont dräuen. Genauer: in Bayreuth, wo Petrenko, ein »winziger Gnom, jüdische Karikatur«, auf seinen Kollegen Christian Thielemann, einen Wotan und »Experten deutschen Klanges«, treffen werde. Halt, stopp, war alles anders gemeint, hieß es prompt. Inzwischen »bedauert« die Redaktion von NDR Kultur die Veröffentlichung des Kommentars und hat »die darin verwendete Analogie zu Figuren des Wagnerschen Rings« entfernt, »denn sie hätte nicht gewählt und der Kommentar aus diesem Grunde nicht veröffentlicht werden dürfen«. Anlass zu nachträglicher Ergänzung sah im gleichen Fall auch die Welt: »Petrenko, interessanterweise neben Daniel Barenboim und Ivan Fischer der dritte Jude auf einem Berliner Chefsessel … «, hieß es zunächst. Bis eingeschoben wurde: »interessanter- wie erfreulicherweise siebzig Jahre nach dem braunen Rassenspuk … «.   oko
Mut zur Länge
Max Richter. Gabi Delgado, bekannt geworden als eine Hälfte von DAF, veröffentlicht 35 Jahre nach seinem Solodebüt ein neues Album. Mit 32 Tracks. »Auf der einen Seite geht es mir einfach um ›Value for money‹«, sagt Delgado, der für Alben mit zehn bis zwölf Songs nur Verachtung übrig hat. Vor allem aber gehe es ihm um die »Ökonomie der Verschwendung als Prinzip in Leben und Kunst. Blumen blühen, um zu verwelken. Sterne werden geboren, um zu verglühen. Es gibt keinen Grund, etwas für später aufzusparen.« Große Worte, wie sie der britische Komponist Max Richter, aus dessen Feder unter anderem die Musik zu »Waltz with Bashir« stammt, nicht benutzt. Dafür bringt er es mit seinem demnächst erscheinenden Album auf noch mehr Spielzeit: Acht Stunden soll »Sleep« dauern und Richter wäre es am liebsten, wenn man die Zeit zum Schlafen nutzte. Im September soll es live aufgeführt werden. Von Mitternacht bis 8 Uhr morgens. Stehen muss niemand, es werden Betten bereitstehen.   oko
Kunst und Marzipan
Nicole Leidenfrost. Ziemlich schlecht kam in der britischen Presse das Pferdebild weg, das Bundespräsident Joachim Gauck der Queen beim Staatsbesuch schenkte. Es stammt von Nicole Leidenfrost, einer in Hamburg lebenden Malerin von bislang eher regionaler Bedeutung. Das »Pferd in Royalblau« sei irgendwas zwischen »Bad Painting« und »schlecht gemalt«, mäkelte die britische Kritik. Die Queen meinte bei der Übergabe, es sei eine »merkwürdige Farbe für ein Pferd«. Die Pferdemalerin selbst bekennt sich zu »Farbe« und »Fröhlichkeit«: »Ich mag keine depressive Malerei.« Gauck erklärte der Königin, wenn sie das Bild nicht möge, könne sie ja bei den Marzipantorten zugreifen. Die gab’s als Gastgeschenk noch oben drauf.   her