Im Limbus

Am schlimmsten ist Werbung an Flughäfen. Sie kostet am meisten, man kann ihr nicht entrinnen, sie wird von den meisten gesehen und muss darüber hinaus so vielen Menschen wie möglich gefallen, weshalb sie so allgemein wie möglich ausfällt. Deswegen sieht man, gleich ob in Abu Dhabi oder Ottawa, die immer gleichen Stock-Fotos mit den immer gleichen Stock-Menschen an den Wänden kleben. Meist geht es gar nicht mehr um ein konkretes Produkt, sondern um ein Gefühl, oder das Rudiment eines Gefühls; ja, strenggenommen um die Abstraktion eines Zitats einer Ahnung einer Anlehnung an einen Versuch eines Hauchs von Nichts. Gut angezogene gesunde Menschen sitzen lachend auf einer Wiese, darunter steht dann »Inspiration. Innovation. INSPIROVATION«, und ein mysteriöses Firmenzeichen adelt den Quatsch endgültig zum Zauberspruch. Werbung löst sich hier vollkommen von Zielen und Absichten, wird Werbung für sich selbst, fürs Sein als solchem. Ein vage gutes Gefühl, ohne jeden weiteren Inhalt, soll an ein leeres Symbol gebunden werden, so wie man auch von Gott sagt, er ist gut, auch wenn man sonst von ihm keinen Begriff hat. Gott ist ein INSPIROVATOR, ja vielleicht der Erfinder der INSPIROVATION, immerhin hat er nicht nur ein Produkt auf den Markt geworfen, das zum Teil heute noch in Gebrauch ist (den Kosmos), sondern er hat auch gleich das Marketing dafür gemacht: Er sah ja, dass es gut war; es gibt sozusagen einer Herstellergarantie, mit Brief, Siegel und Handschlag drauf. Im Flughafen steht man auch in einem seltsamen Außen zur Welt, sozusagen im Limbus, betrachtet sie über den Wassern schwebend. Nur zur Ruhe darf keiner kommen, das ist der Unterschied. Immer wieder kreisen die Gepäckbänder, selbst bei Streik. Das hätte nicht mal Gott geschafft.