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Es war ein Ungetüm von einem Möbelstück, sicherlich tonnenschwer. Mit zahllosen Kissen ausstaffiert, dick belegt mit persischen Teppichen. Und äußerst bequem. Denn so hatte sich Madame Benvenisti die Sitzungen vorgestellt und überließ Dr. Freud das bekannteste viktorianische Ruhebett der Welt. Auch in den Redaktionsräumen dieser Zeitung gibt es eine Couch: Ultramarinblau, feinstes Kunstleder – es quietscht etwas, wenn man sich auf ihr rekelt. Aber als Entschädigung steigt einem ihr Duft in die Nase, so subtil wie der einer Luftmatratze, die für sehr lange Zeit im Keller gelegen hat. Genau richtig für unsere Sitzungen also. Nicht dass hier jemand therapiebedürftig wäre. Wer sich auf die Couch begibt, will von seinen Träumen erzählen – und die haben es in sich. Immer geht es um knallharte Diskurse und knüppeldicke Politik.
Ein Redakteur erzählte neulich, er habe sich im Traum plötzlich an der Universität Bielefeld wiedergefunden, das Gebäude fotografiert und die Bilder im Anschluss via SMS an eine Kollegin verschicken wollen. Als wäre das allein nicht schon heftig genug: Er musste feststellen, dass die SMS die Kollegin einfach nicht erreicht hat! Nie waren Wissensdurst und die Analyse moderner Kommunikationstechnologien so nah beieinander.
Aber es geht noch heißer. Dann nämlich, wenn der Lektor seine Träume offenbart. Erst wurde es laut in seinem Traum, erzählt der Kollege, der so manches Bombast-Konzert besucht hat und eigentlich über ein E-Gitarren-gestähltes Gehör verfügt. Bald konnte er Schreie ausmachen, hohe, fiepsige Stimmen, die ihn aufforderten, aufzuwachen, aufzustehen und – Frechheit pur – zu arbeiten! Der Chor faselte etwas von Abgabefristen und Texten, die geschrieben werden müssten, und plötzlich wusste der Kollege: Es waren die Deadline-Monster, die gekommen waren, um ihn zu quälen. Jeder Mensch, der mit Texten sein Geld verdient, kennt die fiesen Gestalten. Doch der Kollege hatte Glück: Schon nach dem ersten Blinzeln wusste er, dass es nur die Nachbarkinder waren, die wild rumkrakeelt hatten.
Kein Happy End hatte der Traum einer Kollegin. Sie war mit einer Freundin in Griechenland unterwegs, vielleicht auch in Paris, der Traum war uneindeutig. Es handelte sich entweder um einen Schüleraustausch oder um eine Journalistenreise. Ganz zufällig lernten die beiden den netten Alexis Tsipras kennen, in irgendeiner holzgetäfelten Hotellobby kam man sich näher. Zum Ärger der Kollegin begann Alexis, ziemlich offensiv mit der mitreisenden Freundin zu flirten. Telefonnummern und Adressen wurden ausgetauscht, der Urlaub war gelaufen. Sto äpanithín, Herr Tspiras!