Kirchen in Brandenburg nehmen Geld von einer rechten Stiftung

Die Kirche bleibt im Dorf

In Brandenburg haben mehrere Kirchengemeinden Großspenden der rechten »Stiftung Preußisches Kulturerbe« entgegen­genommen.

Eines der ältesten Bauwerke im Land Brandenburg feierte im vergangenen Monat sein 850jähriges Bestehen: der Dom St. Peter und Paul in der Stadt Brandenburg an der Havel. Zur Feierlichkeit kam nicht nur die gesamte märkische Prominenz, sondern auch Bundespräsident Joachim Gauck. In seiner Rede auf dem Festgottesdienst hob er vor allem die identitätsstiftende Wirkung des Bauwerks hervor: »Der Dom erzählt uns, wie die Brandenburger wurden, was sie sind. Hier haben Menschen ja nicht nur gebetet, sie haben auch gezweifelt und gehofft, gefeiert und gelebt«, er sei Ausdruck einer »jahrhundertelangen Suche der Menschen nach Geborgenheit«. Dies mag für die sächsischen Eroberer gelten, aber nicht für die zuvor hier siedelnden Elbslawen. Der Dom St. Peter und Paul steht auf den Überresten einer ihrer Hauptburgen, der ehemaligen Brandenburg, die um 928 erstmals von christlichen Sachsen erobert wurde.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woid­ke (SPD) würdigte beim Festakt die »einzigartige Bedeutung« des Doms für die Geschichte des Landes. »Kaum ein deutsches Bundesland ist in seiner Entstehung so eng mit einem Gotteshaus verbunden wie Brandenburg«, stellte er stolz in seiner Rede fest. So stehe der Dom für »Höhen und Tiefen des Landes, für sein Werden und Wachsen, für Kontinuität und Wandel«. Der Sachsenfürst Albrecht der Bär eroberte im Jahre 1157 nach blutigen Kämpfen die Burg Brandenburg erneut, seither gilt dieses Jahr als das tatsächliche Gründungsjahr der Mark Brandenburg. Neben der Christianisierung der ostelbischen Slawen ging es den daran beteiligten sächsischen Fürsten bei den zum Teil als Kreuzzüge bezeichneten Kriegshandlungen um die Eroberung neuer Territorien. Gleichzeitig wurden die Bistümer Havelberg, Brandenburg, Oldenburg und Mecklenburg wiedererrichtet und zahlreiche heidnische Heilig­tümer zerstört. Die Slawen wurden gezwungen, ihre Toten auf Friedhöfen zu bestatten und an Festtagen die Messfeiern zu besuchen.

Das Bewahren des preußisch-brandenburgischen Kulturerbes ist nicht nur den zumeist evangelisch geprägten Sozialdemokraten im Land Brandenburg ein großes Bedürfnis. Vor allem revanchistische Verbände sehen darin ihr Hauptanliegen. Wie die Stiftung Preußisches Kulturerbe (SPKE) mit ihrem Vorsitzenden Max Klaar, Oberstleutnant a. D., aus Bonn. Der Anlass für die Gründung der Stiftung war zunächst die »Wiedererrichtung und Nutzung der Potsdamer Garnisonkirche als Denkmal und Symbol des christlichen Preußens«, wie es auf ihrer Homepage heißt. Doch weil Klaar mit dem geplanten Versöhnungszentrum zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit in der Garnisonkirchenstiftung nicht einverstanden war, kündigte er im Januar dieses Jahres an, die Gelder anderweitig zu verwenden. Nun will man den »Widerspruch gegen die Nutzungsvorhaben der Evangelischen Kirche in diesem Gotteshaus als zeitgeistigem, polit-historischen Missbrauch der Garnisonkirche zur Volkspädagogik« forcieren.

Getreu den Grundsätzen der Stiftung sollen die mit Geld bedachten Einrichtungen für eine »Rückbesinnung auf das Christentum als Grundlage ethisch gebundenen Handelns der Verantwortungsträger in Staat und Gesellschaft« eintreten. Darüber hinaus ist die »Erhaltung und Wiederherstellung preußischer Kulturwerte« ein wichtiges Anliegen, am besten »in ehrenamtlicher Arbeit für Brandenburg-Preußen«. Was in der offiziellen Darstellung ein wenig verschwurbelt daherkommt, bringt der Stiftungsratsvorsitzende Klaar deutlich zum Ausdruck. Ihm geht es um die Umdeutung der deutschen Vergangenheit: »Deutsche haben allen Grund, den 8. Mai 1945 als den Tag anzusehen, an dem die Ausschlachtung des völlig entrechteten Deutschlands begann! Das sollten wir jedem entgegnen, der uns mit der ›Befreiungslüge‹ kommen will«, zitiert ihn der RBB in einem Beitrag.

Für die Potsdamer Garnisonkirche will die Stiftung erst wieder zu Spenden aufrufen, wenn gesichert sei, dass sie »als vollwertige Kirche (mit Personalgemeinde und Sonntagsgottesdienst) von Potsdam wirklich gewollt wird«. In den vergangenen Monaten wurde damit begonnen, die ursprünglich für den Wiederaufbau der Garnisonkirche gesammelte Summe von mehr als sechs Millionen Euro für andere Zwecke auszugeben. In den Genuss eines unerwarteten Geldregens kamen unter anderem elf Kirchen in Brandenburg und drei gemeinnützige Organisationen. Zum Beispiel gingen bisher rund 200 000 Euro an die katholischen Gemeinden in Potsdam, rund 600 000 Euro an die evangelische Nikolai-Kirchengemeinde und 700 000 Euro an die Dorfkirche Bornim. Mit 25 000 Euro förderte die Stiftung außerdem die Figuren an der Fassade des Landtagsneubaus in Potsdam.

Damit konfrontiert, kritisierten im Brandenburgischen Landtag die Fraktionen von SPD, Linkspartei und Grünen diese Finanzierung umgehend. Die Kirchen dagegen reagierten verschnupft auf die Nachfrage, wieso sie Gelder einer rechten Stiftung angenommen hätten. Heilgard Asmus, evangelische Theologin und seit 2010 Generalsuperintendentin in Potsdam, verstieg sich im Gespräch mit dem RBB zu einer gewagten Verteidigungsstrategie. Anstatt sich schleunigst zu distanzieren, sprang sie dem revanchistischen Stifter bei: »Ich vermute, es ist zu einfach zu sagen, am 1. September ’39 hat der Zweite Weltkrieg durch Deutschland begonnen und Deutschland war ganz allein Schuld und alle anderen wollten gar keinen Krieg, die Großmächte.« Wie die Potsdamer Neuesten Nachrichten berichteten, hatte Klaar 2011 als Vorsitzender des Verbandes deutscher Soldaten geschrieben: »Beide Weltkriege wurden von Großbritannien und seinen Verbündeten als zweiter 30jähriger Krieg geführt, um Deutschland als Wirtschaftsmacht auszuschalten.«

Kurz nach Veröffentlichung ihrer Äußerungen sah sich Asmus, übrigens die ehemalige Vorsitzende des Brandenburger Aktionsbündnisses gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit, die auch am Jubiläumsgottesdienst im Brandenburger Dom mitwirkte, zu einer Klarstellung veranlasst: »Für mich steht außer Zweifel, dass Deutschland die alleinige Schuld an dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges trägt«, schrieb sie nun. Außerdem bedauere sie außerordentlich, »dass durch Verkürzung meiner Aussagen in dem RBB-Beitrag der Eindruck entstanden ist, dass ich an dieser Tatsache Zweifel hätte«.

»Der Friede von Versailles, der war so ungerecht, dass die Leute sagen, das ist Unrecht. Und wenn man einen ungerechten Frieden macht: dass das nach Revanche schreit, ist doch klar«, erörterte der katholische Potsdamer Pfarrer Klaus-Günter Müller die historische Vergangenheit im RBB-Fernsehen. Doch im Unterschied zur evangelischen Kirche grenzte sich das römisch-katholische Erzbistum Berlin von solchen Äußerungen und den Spenden der SPKE deutlich ab. »Eine künftige Zusammenarbeit mit der Stiftung Preußisches Kulturerbe oder eine weitere Unterstützung durch die Stiftung sind ausgeschlossen«, bestätigte der Sprecher des Erzbistums, Stefan Förner. Die evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) sieht dagegen keinen Handlungsbedarf. Deren Sprecherin, Heike Krohn, sagte der Lausitzer Rundschau, dass am Ende jede Kirchengemeinde selbst entscheiden müsse, ob sie die Spenden von Max Klaar annehme. »Die Landeskirche und die Kirchengemeinden vertreten nicht die politischen Ziele und Einschätzungen von Herrn Klaar«, so Krohn.