Immer Dr. Schiwago

Omar Sharif. Zwar machte die monumentalste, schmalzigste, aber auch kommerziell erfolgreichste Kinoschnulze der Sechziger, »Dr. Schiwago«, den ägyptischen Hauptdarsteller Omar Scharif schlagartig weltbekannt und wohlhabend, legte ihn aber auch fest auf die Rolle des sanften und doch leicht öligen Frauenverstehers. Eine Engführung, gegen die Sharif fürderhin mit anders gearteten Rollen in Western und Kriegsfilmen ebenso erfolglos ankämpfte wie mit zahlreichen Affären – unter anderem mit Barbara Streisand –, astronomischen Spielschulden und einem eigenen Rennstall. Geldknappheit zwang Sharif schließlich ziemlich obskure Rollen auf, was aber immerhin zu einem bemerkenswerten Auftritt in »Top Secret«, der antideutschen Kultkomödie der Zucker-Brüder (1984), führte. Geld verdiente Sharif nun mehr und mehr mit professionellem Bridge-Spielen, eine durchaus standesgemäße Methode, den Offenbarungseid zu vermeiden. Am 10. Juli starb Sharif 83jährig in Kairo an einem Herzinfarkt.   uk
Umfassend verzettelt
Niklas Luhmann. Dienstagmorgen, zehn Uhr: Einführung in die Soziologie. Niklas Luhmann, da musste man durch. Nicht schwierig, nur ein bisschen öde. An Konzentration, Mitschreiben und andere Studierendenpflichten war nicht zu denken. Trotzdem konnte man sich diesen Luhmann ganz wunderbar vorstellen: Wie er haareraufend dasaß, umgeben von einer chaotischen Zettelwirtschaft, die ihn schon grundsätzlich als Sympathen auswies. Tatsächlich haben sich 90 000 DIN-A6-Zettelchen angesammelt. Und Luhmann wusste sicherlich, wo jedes einzelne einzusortieren war. Sein Zettelkasten jedenfalls ist legendär – so mancher ehemalige Bummelstudent fühlt sich noch Jahre nach dem erfolgreichen Studienabbruch von jedem Karteikasten an Luhmann erinnert. Angeblich habe Luhmann mit seinem System die Ordnungsprinzipien des World Wide Web vorweggenommen. Wer das überprüfen möchte, kann sich den Kasten – mittlerweile auch digital – derzeit in der Kunsthalle Bielefeld ansehen.   oko
Supergrusel
It Follows. Ein Plot, der auf dem Papier nur Kopfschütteln provozieren kann. Auch weil er klingt, als wäre er den Gehirnen reaktionärer Fundamentalisten entsprungen: Eine junge Frau schläft mit ihrem neuen Freund und infiziert sich mit einem Dämon, der sie in verschiedensten menschlichen Inkarnationen verfolgt. Das muss man erst mal bringen! Besonders eilig hat es der Dämon nie, nur ist er zielstrebig und vermag sein Opfer mit Beharrlichkeit zur Strecke zu bringen. Nicht anders als Michael Myers in »Halloween«. Das war ja das Schreckliche: Man konnte um sein Leben rennen – und dieser Myers bekam einen trotzdem, obwohl er im Schrittempo unterwegs war. »It Follows« entstand unter der Regie von David Robert Mitchell, Verweise auf John Carpenter lassen sich nicht nur in der gelungenen Filmmusik finden. Ob »It Follows« wirklich der beste Horrorfilm des Jahres ist, für den ihn viele Medien halten, sei dahingestellt. Selten aber ist der Qualitätsunterschied zwischen Plot und Umsetzung so groß gewesen wie hier.   oko
Emanzipationsdrama
Animation. Die Minions sind die neuen Simpsons: kleine gelbe Wesen, die aussehen wie Lutschdragées und wenig Persönlichkeit zu besitzen scheinen. Hello-Kitty-Katzen sind komplexe Charaktere dagegen und Gremlins süße kuschlige Viecher. Doch der erste Eindruck täuscht: Die gelben Einzeller, die dem Animationsfilm »Ich – Einfach unverbesserlich« entsprungen sind, haben einiges mitgemacht und sich im Lauf der Geschichte vom Einfluss eines T-Rex, Dschingis Khan, Dracula und Napoleon emanzipiert. Das Jahr 1968 und ein gelber Drops namens Kevin spielen dabei eine rühmliche Rolle. Ihren ersten eigenen Kinofilm haben sich die Minions redlich verdient.   her