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Es ist ja sonnenklar: In der Redaktion Ihrer kleinen, aber feinen Lieblingszeitung – der Name Jungle World ist schließlich Programm – hat das traurige Schicksal von Cecil dem Löwen große Betroffenheit und Bestürzung ausgelöst. Der Einwand pedantischer Kleingeister, Löwen seien gar keine Dschungeltiere und könnten den Jungle-Beschäftigten deshalb schnurzpiepegal sein, hatte keinerlei Bedeutung für unsere großen, mitfühlenden Herzen. Ein Redaktionsmitglied erinnerte Cecil der Löwe an seine süßen kleinen Miezekatzen, ein anderes dachte mit Wehmut an Clarence, den schielenden Löwen aus der Fernsehserie »Daktari«, der nur Joghurt fraß. Die naheliegende Frage tauchte auf, ob der Mord an Cecil durch den herzlosen Killer Walter Palmer nicht der offensichtlichste Ausdruck seines Sadismus sei – seiner déformation professionnelle als Zahnarzt. Auch die ernste Mahnung »Man soll nur jagen, was man essen kann« durfte nicht fehlen.
Da tauchten die ersten Probleme auf. Kann man Katzen essen? Der Verweis auf China führt in die Irre, dort landen bekanntlich Hunde auf der Speisekarte. Eine investigative Google-Recherche erbrachte zwar Ergebnisse wie »Löwen-Schnitzel (ca. 400 g), gefüllt mit Kräuterchampignons, Schinken und Goudakäse, dazu reichen wir Ihnen eine Beilage nach Wahl«. Man braucht zweifellos einen Löwenhunger, um einen solchen Trumm zu verdrücken, aber aus dem einschlägigen Großkatzenfleisch besteht er nicht.
Dann wurde die Lage noch komplizierter. Kurz vor Redaktionsschluss publizierten die internationalen Qualitätsmedien Bilder vom weiblichen Pendant zu Walter Palmer. Auf diesen posiert die Buchhalterin Sabrina Corgatelli mit einer von ihr erlegten Giraffe. Sie rechtfertigte sich mit der Aussage: »Giraffen sind sehr gefährliche Tiere. Sie könnten einen schwer verletzen, sehr schnell.« Stimmt das? Und darf man Giraffen jagen, weil man sie möglicherweise essen kann? Für eine umfassende Recherche fehlte zunächst leider die Zeit. Aber keine Frage: Die Jungle World bleibt an dem Thema dran.