Französische Abgeordnete suchen die Annährung an Russland

Im Schlaraffenland

Zehn französische Abgeordnete bereisten die Krim, um eine Annäherung Frankreichs an Putins Russland zu fördern.

Nicht alle Franzosen sind jederzeit überall beliebt. Gegen zehn Abgeordnete der Pariser Nationalversammlung etwa wurde am Donnerstag voriger Woche ein dreijähriges Einreiseverbot in der Ukraine verhängt. Der Grund war die jüngste Reise der Parlamentarier auf die seit März 2014 an die Russische Föderation angeschlossene Halbinsel Krim, die erklärtermaßen eine Annäherung Frankreichs an Russlands Machthaber fördern sollte. Am Vortag war bereits ein fünfjähriges Einreiseverbot in die Ukraine gegen den französischen Schauspieler Gérard Dépardieu verhängt worden. Dépardieu ist, unter anderem aus steuerlicher Gründen, in Russland ansässig geworden und hat seinen Wohnsitz in Mordwinien, einer von großen Straflagern geprägten Region.
In beiden Fällen wurden die Einreiseverbote offiziell durch Kommuniqués oder eine Sprecherin des ukrainischen Nachrichtendienstes SBU verkündet respektive bestätigt, da jenes für Dépardieu zuvor vom ukrainischen Kulturminister Iwan Kirilenko angekündigt worden war. Diese augenscheinliche politische Rolle des Geheimdiensts dürfte nichts Gutes für die ukrainische Demokratisierung verheißen. Es war jedoch gewiss nicht die Sorge um demokratiegefährdende Bestrebungen auf ukrainischer Seite, die die zehn französischen Abgeordneten – alle aus der bürgerlichen Rechten – umtrieb, als sie vom 22. bis 25. Juli die Krim bereisten. Denn mehrere von ihnen waren bereits in der Vergangenheit als ausgewiesene Diktatorenversteher, wenn nicht -fans aufgefallen.
Dies gilt besonders für den Initiator der Reise, den früheren Transportminister unter Nicolas Sarkozy und jetzigen Parlamentsabgeordneten für die Auslandsfranzosen, Thierry Mariani. Er machte im September 2002 durch eine Reise in den damals noch von Saddam Hussein regierten Irak auf sich aufmerksam (vgl. Jungle World 39/2002). Der Mann, der Anfang August 57 wird, leitet ansonsten den Rechtsaußenflügel der konservativen Partei Les Républicains – bis vor kurzem hieß die Partei noch UMP –, die Strömung La Droite populaire. Ähnliches trifft auch auf Jacques Myard zu, den konservativen Rechtsausleger aus dem Raum Versailles. Dieser zählte im Februar zu den französischen Parlamentariern, die den Chef des syrischen Folterregimes Bashar al-Assad trafen und eine Lanze für dessen politische Rehabilitierung brechen wollten (Jungle World 11/2015).

Um Frieden und Völkerverständigung geht es nicht, wenn diese Gestalten auf internationalem Parkett unterwegs sind, sondern um ein Plädoyer für eine stärker nationalstaatlich ausgerichtete, sich von den USA und der EU-Kommission absetzende Außenpolitik. Jacques Myard brachte die Dinge auf den Punkt, als er zu seinem Abstecher auf die Krim sagte: »Ich bin weder pro-amerikanisch noch pro-russisch. Ich bin pro-französisch!« Myard erklärte wörtlich, die Krim habe sich ihm als »ein Schlaraffenland« dargestellt. Alle Menschen dort seien froh, wieder zu Russland zu gehören, und »alle Sprachen – Russisch, Ukrainisch, Tatarisch – sind voll anerkannt«. Zumindest von den Krim-Tartaren war jedoch wiederholt zu hören, dass sie über die Angliederung an Russland nicht gerade glücklich seien, und auch die diesbezügliche Abstimmung vom 16. März 2014 genügte nicht den Grundsätzen für eine freie, unbehinderte und faire Wahl.
Die zehn Abgeordneten trafen auch den russischen Parlamentspräsidenten Sergej Naryschkin – er hatte in jüngster Vergangenheit auch zwei Mal Marine Le Pen empfangen und beglückwünschte ihre Partei im Mai – und besuchten einen französischen Soldatenfriedhof. Die Präsenz dieser Gebeine war der Gruppe ein Argument dafür, warum Frankreich auf der Krim präsent bleiben müsse. Die Soldaten sind allerdings schon eine Weile tot, sie fielen im Krimkrieg der Jahre 1853 bis 1856.
In einem Kommuniqué sprachen die Parlamentarier auch von glänzenden Investitionsaussichten für französische Unternehmen, etwa im Tourismus, und forderten eine einseitige Aufkündigung der EU-Sanktionen gegen die Russische Föderation durch Frankreich. Der Pariser Abgeordnete der Mitte-Rechts-Partei UDI, Yves Pozzo di Borgo, trug bei seiner Reise ein T-Shirt mit der russischsprachigen Aufschrift »Obama, du bist ein Idiot«.