Morde an säkularen Bloggern in Bangladesh

Die Freiheit der Machete

In Dhaka wurde erneut ein säkularer Blogger zu Tode gehackt.

Es ist der vierte Mord an einem säkularen Blogger in Bangladesh in diesem Jahr. Am Freitag voriger Woche wurde Niloy Chakrabarti, der unter dem Pseudonym Niloy Neel schrieb, mit Macheten zu Tode gehackt. Offenbar drang eine Gang von sechs Personen am helllichten Tag in sein Apartment in der Hauptstadt Dhaka ein und ermordete ihn dort.
Die Bluttat kam nicht unerwartet. Bereits im Mai hatte Chakrabarti in einem Interview mit dem britischen Guardian gesagt, er fürchte, ermordet zu werden; er habe versucht, bei der lokalen Polizei Anzeige wegen ständiger Bedrohungen zu erstatten, sei aber nicht ernst genommen worden. Obwohl seine Besuche bei der Polizei auf seinem Blog dokumentiert wurden, behauptet die Polizei mittlerweile, er habe nie ihre Hilfe beansprucht.
Bereits im Februar war Avijit Roy, ein in Bangladesh geborener US-Bürger, der über Wissenschaftsthemen geschrieben und das Portal Mukto-Mona (etwa: freier Geist) ins Leben gerufen hatte, mit Macheten zu Tode gehackt worden. Im März wurde Washiqur Rahman, Freunden zufolge ein »progressiver Freidenker«, in Dhaka getötet. Im Mai wurde Ananta Bijoy Das, der auf Mukto-Mona unter Pseudonym schrieb, in Sylhet im Norden Bangladeshs von einer Gruppe mit Macheten getötet. Alle Ermordeten waren auf so­zialen Medien aktiv und vertraten säkulare, teils atheistische Positionen. Und alle vier waren nach Angaben von BBC auf einer Liste von 84 »atheistischen Bloggern«, die islamistische Gruppen 2013 in Umlauf brachten und der Regierung überreichten, damit die Blogger verhaftet und wegen Blasphemie verurteilt würden.
Nach dem dritten Mord in diesem Jahr, dem an Das, unterzeichneten 150 Schriftstellerinnen und Schriftsteller aus aller Welt, unter ihnen Margaret Atwood und Salman Rushdie, einen offenen Brief an die Regierung Bangladeshs, in dem sie diese aufforderten, die Redefreiheit zu schützen, die Täter vor Gericht zu bringen und dafür zu sorgen, dass »die tragischen Ereignisse« sich nicht wiederholen.
Das hat wenig genutzt. Am Freitagabend erklärte sich Ansar ul-Islam, eine Gruppe, die sich als der Ableger von »al-Qaida auf dem indischen Subkontinent« (Aqis) in Bangladesh bezeichnet, in einer E-Mail für den Mord an Chakrabarti verantwortlich. Darin hieß es sinngemäß: »Wenn eure ›Redefreiheit‹ keine Grenzen hat, macht euch bereit für die ›Freiheit unserer Macheten‹.« Monirul Islam, der Leiter der Kriminalpolizei, verdächtigt eher eine »Schläferzelle« des jihadistischen Ansarullah Bangla Team, das nach dem Mord an Das verboten wurde. Der Dhaka Tribune zufolge sagte Monirul, sowohl Blogger, die religiöse Gefühle verletzten, wie auch jene, die Morde ausführten, seien »Extremisten«. »Wir arbeiten daran, gegen beide Parteien vorzugehen.« 14 Jahre Haft ist die Höchststrafe in Bang­ladesh für Taten, die die Behörden als Blasphemie bewerten.
Arifur Rahman, einem Blogger aus Bangladesh, zufolge sprachen sich auch diverse Minister bei einem »Law and order-Meeting« einstimmig dafür aus, jeden zu verhaften, dessen Schriften Religion diffamiere. »Stimmen gegen Religion und ihre missbräuchlichen Praktiken (…) zu ersticken, ist ein gemeinsames Projekt zwischen Regierungsmächten und nicht so legitimen Mächten«, resümierte er. Er lebt im Londoner Exil.