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Das auf unserer Facebook-Seite gepostete Foto eines Kollegen in Fred-Perry-Tennisshorts hat uns alle geflasht. Wer ist dieser Mann eigentlich, der von der Hüfte abwärts fotografiert wurde? Etwa derselbe Kollege, der neulich bekannte, ein Faible für hochgeschlossene Damenblusen zu haben? Das Foto wirft bei näherer Betrachtung auch die Frage auf, was eigentlich das Stroh in der Ecke soll. Aha, es handelt sich um eine Palme, die nur selten gegossen wurde.
Unter Wassermangel leiden im Dschungel aber nicht nur die Zimmerpflanzen. Längst sind die letzten Wasserkanister leer und der Wasserspender staubt in der Ecke sinnlos vor sich hin. Stündlich trabt jemand zum Edeka und holt für sich und die Kollegen frisches Blubberwasser rauf. Angeblich fallen während großer Hitzezeiten nicht nur die Hüllen und Hemmschwellen, es sinkt auch der IQ um ein paar Punkte, schreibt jedenfalls der Focus. So ganz gaga sind die Redakteure und Redakteurinnen der Jungle World aber nicht. Fred-Perry-Höschen markieren bei uns die Grenze der Frivolität. Überschriften wie »Ich will Blasen ohne Plastik. Und danach rülpsen« überlassen wir gerne der Welt. Dabei haben die doch eine Klimaanlage.
Apropos Abkühlung: Die Gluthitze ist bekanntermaßen der einzig legitime Grund, sich ab und an nach der Schulzeit zu sehnen. Klingelingeling: »Hitzefrei!« – Was war das herrlich. Und wie erfüllt die folgenden Stunden waren. Denn man wusste genau, was zu tun war: Ab in den benachbarten Spielsalon und ran an einen der verführerisch blinkenden Merkur-Automaten, deren Melodien uns wie Sirenengesang anzogen. Im Anschluss noch eine stets lustlose Partie Billard, die immer ein Alibi blieb, um für möglichst wenig Geld möglichst lange im kühlenden Schatten der Daddelhölle zu bleiben. Typische Freizeitvorstellungen 14jähriger Provinzgymnasiasten eben. Waldorf-Schüler waren hier übrigens nie zu sehen. Sie zogen es vor, ihre Zylinder im Park spazierenzuführen und mit ihren Diabolos rumzuschmeißen oder sich gegenseitig Zaubertricks vorzuführen. Zumindest in unserer Vorstellung.
Was Waldorf-Schüler tatsächlich bei Hitzefrei taten, ließ sich in den Redaktionsräumen dieser Zeitung nicht in Erfahrung bringen. Denn: Waldorf-Schülerquote = null Prozent. Immerhint kennt jemand einen »Ehemaligen«, der damals im Park dabei gewesen sein könnte. Details aber bleiben nebulös, Namen werden keine genannt. Sicher ist nur: Die Anthroposophen, sie sind unter uns. Was es mit ihren Lehren auf sich hat, lesen Sie auf den folgenden Seiten.