»Ein bisschen was real an die Hand geben«

Moritz Hoffmann ist Historiker und Mitinitiator des Blogs gefluechtet.de. Das Projekt will mit Flüchtlingsbiographien und Aufklärung über Fluchtursachen Argumentationshilfen für Unterstützer geben.

Wen wollt ihr mit eurem Projekt erreichen?
Grundsätzlich erstmal alle, was natürlich nicht machbar ist. Ich denke nicht, dass wir gerade mit dem Projekt jene erreichen, die versteift xenophob sind, die vor Flüchtlingsheimen demonstrieren, oder die – noch schlimmer – Flüchtlingsheime anzünden. Das ist vollkommen klar. Aber ich glaube, dass wir denen, die sich in der Debatte für Flüchtlinge einsetzen, oder die noch unentschieden sind, für Diskussionen ein bisschen was real an die Hand geben können.
Meint ihr, dass der aktuellen rassistischen Stimmung mit Aufklärung alleine entgegenzuwirken ist?
Natürlich braucht es auch was anderes. Das hier ist eben unser Beitrag als Historiker und Historikerinnen. Man kann sich auch ehrenamtlich engagieren, aber dieses Projekt ist, was wir aus unserer beruflichen und wissenschaftlichen Perspektive beitragen können. Das ist natürlich nur ein sehr kleiner Beitrag zu den Auseinandersetzungen in den Köpfen, während selbstverständlich auch ganz viel konkrete Hilfe benötigt wird.
Ihr wart zuvor schon an dem öffentlichkeitswirksamen Projekt @9Nov38 beteiligt, wo die Ereignisse der Novemberprogrome zu ihrem 75. Jahrestag tages- und zeitgleich getwittert wurden. Erwartet ihr euch für euer neues Projekt eine ähnlich breite Rezeption?
Ich erhoffe mir natürlich immer Aufmerksamkeit, aber das war nicht der Hauptanreiz, sondern dass wir das Gefühl hatten, da muss etwas gemacht werden. Wir haben bisher viele positive Rückmeldungen und ermutigende Leserzeilen bekommen, aber es fehlt jedoch im Vergleich zum Twitterprojekt etwas der Eventcharakter. Das ist aber überhaupt nicht schlimm.
In welcher Form können Interessierte bei euch partizipieren?
Wir haben in erster Linie an Historiker und Sozialwissenschaftlerinnen gedacht, die etwas beitragen könnten. Dadurch, dass wir überhaupt kein Geld zur Verfügung haben, geht es auch darum, den Arbeitsaufwand zu verteilen. Jeder bekommt im Laufe seines Studiums mit Flüchtlingsbiographien zu tun. Man kann etwa aus einer Masterarbeit oder Dissertation eine solche Biographie herausdestillieren und uns schicken.