Der Jenaer Bürgermeister meint zu wissen, wer schuld an der »Flüchtlingskrise« ist

Der Jud’ ist schuld

Für den Jenaer Oberbürgermeister Albrecht Schröter trägt Israel eine Mitschuld an der Flüchtlingskrise in Syrien. Es ist nicht das erste Mal, dass der SPD-Politiker gegen den jüdischen Staat zu Felde zieht.

Wenn es dem Esel zu wohl ist, geht er aufs Eis. Und wenn Albrecht Schröter, dem sozialdemokratischen Oberbürgermeister von Jena, seine Tätigkeit als Kommunalpolitiker zu profan wird, kümmert er sich nicht mehr nur um den nahen Osten vor seiner Haustür, sondern vor allem um den, der Tausende von Kilometern entfernt liegt. Die zahlreichen syrischen Flüchtlinge in seiner Stadt waren ihm da ein willkommener Vorwand, um seine krude weltpolitische Sicht zum Besten zu geben: »Israel als Besatzerstaat« sei mitschuldig an dem »Flüchtlingsstrom« aus Syrien, weshalb Deutschland »aus seiner vornehmen Zurückhaltung« gegenüber diesem Land »heraustreten« müsse, sagte Schröter auf einer Pressekonferenz. Auch die Vereinigten Staaten nahm der evangelische Theologe ins Gebet. »Die islamfeindliche US-Politik der vergangenen Jahrzehnte trägt ihre Früchte«, glaubt er.
Juden und Amis sollen also dafür verantwortlich sein, dass nun Abertausende aus Syrien fliehen, manche sogar bis in Schröters Stadt. Dieser haarsträubende Mumpitz ging selbst der eigenen Parteijugend zu weit. Der Oberbürgermeister trage dazu bei, antisemitisches Denken in der Gesellschaft salonfähig zu machen, kritisierten die Jenaer Jusos. Außerdem verdrehe die Einschätzung Schröters »die humanitäre Katastrophe in Syrien ins Absurde«. Der Bundestagsabgeordnete Volker Beck (Grüne) schloss sich dem an: »Die Verbindung zwischen den Flüchtlingen des Bürgerkrieges in Syrien und Israel ist absurd«, sagte er. »Das gibt nur für Menschen einen Sinn, die meinen: Israel ist an allem Übel der Welt schuld.«
Weit von dieser Ansicht entfernt ist Schröter jedenfalls nicht. Schon in der Vergangenheit hat er mehrfach durch israelfeindliche Aktivitäten von sich reden gemacht. So unterstützte er beispielsweise 2012 eine von Pax Christi initiierte Kampagne, mit der die katholische Organisation zur Kennzeichnung und zum Boykott israelischer Waren aufrief. Dafür bekam er den verdienten Beifall der Jenaer NPD, die ihn »mutig und couragiert« nannte. Schröter rechtfertigte seine Beteiligung an diesem modernen »Kauft nicht beim Juden«-Appell damit, er könne angesichts der israelischen Menschenrechtsverbrechen »nicht länger schweigen«, denn: »Es zerreißt mich innerlich.« Das unstillbare Verlangen, mit den Juden mal ordentlich Tacheles zu reden, ist also Resultat von Gewissensqualen und Dienst an der Humanität.
Bereits Anfang Juli 2009 hatte Schröter an einer Demonstration gegen den israelischen Sperrwall in der Nähe der palästinensischen Stadt Beit Jala teilgenommen, und zwar in der ersten Reihe. An seiner Seite: der oberste islamische Richter der Palästinensischen Autonomiebehörde, Sheikh Taissir Tamimi. Dieser hatte kurz zuvor einem palästinensischen Fernsehsender gesagt: »Die Juden sind dafür bekannt, dass sie lügen, fälschen und verleumden, nur um ihre Aggression, ihren Landraub, die Schändung heiliger Stätten, die Zerstörung von Häusern, den Mord an Kindern, Frauen und alten Menschen zu rechtfertigen.« Dennoch störte Schröter die Gegenwart des Scheichs nicht. »Wir haben uns bei der Demonstration eingehakt, und wir haben uns gefühlt wie Brüder«, sagte er laut einem Bericht der Südwest Presse. Ein Schuft, wer Böses dabei denkt.