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Ist es wirklich bereits 25 Jahre her, dass sich Einheitsdeutschland zusammenklumpte? »Wir sind das Volk«, hieß es auf Demos in der DDR zunächst, dann schnell »Wir sind ein Volk«. Und da hatte man die völkische Suppe wieder, die seither – mal in Form eines Pogrompöbels, mal in Gestalt von Naziaufmärschen, mal als NSU verpuppt – einen Leichenberg mit mehr als 200 Toten aufgehäuft hat.
»Ein Deutschland weniger«, sagten Optimisten damals, »bleibt nur noch eines abzuschaffen.« Aber das eine denkt gar nicht dran, sich abzuschaffen, und es hat in den 25 Jahren seither kaum eine Gelegenheit ausgelassen, um sich als waschechter Schurkenstaat zu entpuppen.
Der neueste Streich stammt von einem weiteren Protagonisten echter deutscher Wertarbeit mit Volksanbindung – dem Volkswagen-Konzern. Sein superökologischer Diesel-VW (»really clean diesel«), so hat es sich gerade in den Vereinigten Staaten herausgestellt, wurde mit manipulierten Abgaswerten beworben und verkauft. Nun ist das Wehklagen groß: Imageschaden! Klagen auf Schadensersatz! Absturz der Volkswagen-Aktie! Arbeitsplätze in Gefahr!
Nur kurz zur Erinnerung: Das Urwerk des Konzerns errichtete die Deutsche Arbeitsfront, sein erster Renner sollte der mit der Reichsautobahn kompatible »Kraft durch Freude«-Wagen sein. Aber zur Auslieferung kam er nicht, die neue VW-Produktpalette war auf die Wehrmacht zugeschnitten, mit Kübelwagen und V1. Und wenn es nicht mal für eine bürgerliche Revolution reicht, sich die Konterrevolution aber regelmäßig ein revolutionäres Gewand überstreift, dann bekommt man nach dem gleichen Muster auch eine »Dieselution«. So war die PR-Tour benannt, mit der Volkswagen vor ein paar Jahren durch die USA tingelte, um seine Volksvergaser, falsch, pardon, Dieselfahrzeuge haben ja gar keinen Vergaser, an den Mann und die Frau zu bringen.
Aber bevor man sich mit Volkswagen verzettelt – am kommenden Samstag, dem 26. September, werden unter dem Motto »Vorsicht Volk! – 25 Jahre Einheitsdeutsch. Wir feiern trotzdem!« ab 16 Uhr die Schattenseiten der staatlichen Vereinigung beleuchtet. Eine Woche vor den offiziellen Bierseligkeiten und in scharfem Kontrast dazu gibt es dort Live-Konzerte, Filme, Lesungen, Diskussion.