Dein Katalonien

Anarchismus-App. Selbst in Katalonien, der ehemaligen Hochburg des spanischen Anarchismus, gibt es so gut wie keine Gedenkkultur zu dieser einst einflussreichen politischen Kraft. Wenn überhaupt, tauchen die Anarchisten als Akteure im Spanischen Bürgerkrieg auf – und auch dann wird ihre Rolle eher stiefmütterlich behandelt. Etwa in dem Museu Memoria de l’Exili (MUME) in La Jonquera (Katalonien), das völlig dem Narrativ des katalanischen Nationalismus entspricht. Um dem etwas entgegenzusetzen, entwarf der Chilene Mariano Maturana, derzeit Professor am European Institute of Design (EID) und selbst Anarchist, eine historische Stadttour des anarchistischen Barcelona. Maturana arbeitete dabei eng mit Abel Paz zusammen, dem 2009 verstorbenen Biographen Buenaventura Durrutis. Die historische Tour gibt es mittlerweile als App auf Maturanas Website. Sie erlaubt dem User, auf den Spuren Durrutis, Francesco Ascasos, George Orwells und der anarchistischen Arbeiterschaft Barcelonas zu wandeln.   cm
Fahren mit Stil
Autofahren. »Wer die mediterrane Fahrweise nicht gewohnt ist, sollte lieber auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen«, schreibt der Reiseführer von Annodunnemals. Und Reiseführer haben bekanntlich in Fragen der Gepflogenheiten zeitübergreifend recht. Denn die Lebensweisen fremder Völkchen, die ändern sich nicht so schnell! Also: Die Spanier benehmen sich im Verkehr wie ein Rudel Wildsäue, manchmal vergessen sie sogar, den Blinker zu setzen, oder überholen einfach auf der rechten Spur. Wenn das mal nicht ein weiterer Grund für die Katalanen sein dürfte, die Unabhängigkeit zu fordern. Vielleicht ist es so wie zwischen den Hamburgern und Pinnebergern. Und zu Recht! Denn der Katalane fährt zwar mit flottem Fuß, ist dabei aber stets aufs Äußerste auf der Hut. Tausende Kilometer hat die Redaktion dieser Zeitung in Spanien zurückgelegt und es gab nicht eine brenzlige Situation. Zumindest keine, die von katalanischen Autofahrern verursacht wurden. Woran man die erkennt? An der Flagge am Fenster natürlich.   oko
Guten Tag
Gastfreundschaft. Passt mir das überhaupt gerade? Während in Deutschland sämtliche Eventualitäten erwogen, ganze WG-Versammlungen einberufen und Terminpläne konsultiert werden müssen, um sicherzustellen, dass der Besuch, der ohnehin nur eingelassen wird, wenn er voll okay in jedweder Hinsicht ist, in keiner Sekunde stört, hat man in Spanien schon längst die Türen geöffnet, eine extra Kanne Kaffee aufgesetzt und die Gäste zu mindestens zwei Familienfeiern eingeladen. Zu solcherlei Vermutungen kommt man angesichts der Recherche vor Ort. Wer auf der Suche nach einem Arbeitsplatz für 15 Leute ist, andernorts eine Höchstschwierigkeit, begibt sich in Spanien in die Nähe eines Tresens und bleibt dort eine Weile. Gut, ein paar Bekanntschaften sind von Vorteil. Aber dass sich nicht einmal ein übermäßig schlechtes Gewissen einstellt, wenn man für so viel Entgegenkommen nur Kaffeekonsum zu bieten hat, ist vermutlich wirklich eine Spezialität spanischer Gastfreundschaft.   oko
Volltreffer
Bombenskulptur. An der Fassade der berühmten Sagrada-Família-Kirche in Barcelona hat der Architekt Antoni Gaudí auch eine gewissermaßen politische Skulptur angebracht. Sie zeigt einen Dämonen, der einem Arbeiter eine sogenannte Orsini-Bombe überreicht. Entworfen und zuerst eingesetzt hatte sie der italienische Revolutionär Felice Orsini, der 1858 Napoleon III. in die Luft jagen wollte. 1893, in einer Periode härtester Repression, warf der spanische Anarchist Santiago Salvador in Barcelona zwei dieser Bomben in die »bürgerliche« Menge im Liceu-Theater, als Vergeltung für die Hinrichtung des Anarchisten Paulí Pallás. 22 Menschen starben, 35 wurden verletzt.   bb