Freiheit für Eva und Laura

Die Stadt der Gerechtigkeit ist der Teil Barcelonas, der am ehesten an Gotham City erinnert: Quaderförmige Bürogebäude, glatte Oberflächen – eine zugige Gegend, die ihren Namen den hier ansässigen Gerichten verdankt. Die Drehtüren spucken am Dienstagmorgen vergangener Woche Anzugträger aus, die sich kaum für die rund 200 Demonstrierenden vor ihrem Arbeitsplatz interessieren. Schwarz-rote Fahnen der anarchistischen Gewerkschaft CGT wiegen sich müde im Wind, eine Gruppe ist aus Valencia angereist, fünf Skinheads – ihren Flaggen zufolge aus Castelló – entsteigen einem Reisebus, der direkt vor dem Gerichtsgebäude hält, in dem heute der Prozess gegen Eva und Laura beginnt. Die Mitglieder der CGT müssen sich wegen »Sachbeschädigung durch Brandstiftung« und »öffentlichem Aufruhr« vor Gericht verantworten, weil sie vor dem Gebäude der Börse einen Haufen Geldscheine angezündet haben. Das war während des Generalstreiks am 29. März 2012. Dass ihnen nun jeweils zweieinhalb Jahre Gefängnis und eine Strafe in Höhe von insgesamt 40 000 Euro drohen, wollen die Protestierenden nicht akzeptieren. »Freispruch für Laura und Eva« fordert ein Sprechchor, »Diese Justiz ist Scheiße« wird skandiert, worauf eine andere Gruppe mit »Scheiße, Scheiße, Scheiße« antwortet. Seinem Hass auf den Staat Ausdruck zu verleihen, ist bekanntlich kräftezehrend, daher ist für Stärkung gesorgt. Bocadillos werden an 35jährige Dreadlockträger und angejahrte Herren in gebügelten Hemden verteilt, die schwarz-rote Baretts auf ihren ergrauten Häuptern spazieren führen. Offenbar hat sich ein Bevölkerungsquerschnitt unter anarchistischer Fahne eingefunden. Etwa 40jährige Bürokauffrauen tragen die gleichen T-Shirts mit der Aufschrift »Libertad« wie 65jährige mutmaßliche Oberstudienräte, ein Wollwestenträger vom Typ emeritierter Professor hat lässig eine Fahne mit rot umkreistem A geschultert. Dass kaum Polizei anwesend ist, verwundert wenig.