Trübes Madrid

Herrje, jetzt muss hier natürlich auch etwas über Spanien stehen, na gut. Zuallererst möchte ich die Quellen offenlegen: Alles, was ich über Spanien weiß, entstammt a.) dem Film »Pans Labyrinth«, b.) einer recht zügigen und eher pflichtmäßig absolvierten Don-Quijote-Lektüre und einem c.) zweiwöchigen Aufenthalt in Madrid direkt nach dem Abitur. Zum Film ist wenig zu sagen, der ist natürlich spitze und bezaubert immer wieder in diesem Mix von Antifa-Romantik und Märchenglanz, wiewohl er halt auch wenig genuin Spanisches auffährt. Ähnliches gilt auch beim Buch, das wenigstens meiner durchlöcherten Erinnerung nach viel weniger Lokalkolorit enthält, als man so denkt. Bleibt also noch der Urlaub. Ich litt damals unter einer starken sozialen Phobie und verließ mein Hotelzimmer nur selten, versuchte das Manu-Chao-Gedröhne zu ignorieren, dass allabendlich vom Pool heraufstieg, und beschäftigte mich intensiv mit meinen Depressionen. Mein Frühstück nahm ich im Dunkin’ Donuts ein, alle anderen Mahlzeiten im McDonald’s, und so gelang es mir auch hier, mich der Folklore oder sogenannten Nationaleigentümlichkeiten nahezu komplett zu entziehen. Interessanterweise führte ich gleichzeitig ein Reisetagebuch, in welchem ich dem Wesen globalisierter Kultur sowie dem Ursprung meiner Depressionen nachsonn beziehungsweise -sann und das ich inzwischen sicherheitshalber vernichtet habe. Das machte man damals halt, Herrgott! In jedem Fall war das alles immer noch viel zu aufregend für mich, weswegen ich seither praktisch niemals mehr Urlaub gemacht habe, und wenn, dann in ausnehmend reizlosen Orten, zum Beispiel Oldenburg. Wenn ich Spanien etwas zu verdanken habe, dann die Erkenntnis der Unmöglichkeit von Urlaub in Zeiten der Globalisierung beziehungsweise in Zeiten der Depression.