Hasskriminalität ist Hasskriminalität, egal von wem sie ausgeht

Gleichheit für alle

Die deutschen Medien sind zurückhaltend in der Berichterstattung, wenn es um ­Gewalt unter Flüchtlingen geht.

Schon tausendmal ist die Polizei in diesem Jahr ausgerückt, um Randale in Flüchtlingsheimen zu stoppen. In größeren Unterkünften ist sie fast täglich, sagt das Bundeskriminalamt. Es sagt aber auch, dass die überwiegende Anzahl der Flüchtlinge friedlich sei, dass es nur selten um religiöse und ethnische Konflikte gehe, sondern meist um Rangeleien bei Essenausgabe und ­Toilettengang und es keine Anhaltspunkte gebe, dass sich Terroristen unter die Flüchtlinge gemischt hätten. Die Informationspolitik der Behörden ist vorsichtig. Heimleiter wollen nicht mehr über Probleme reden. Auch manche Medien berichten zurückhaltend, wenn es um Gewalt unter Flüchtlingen geht. Aber Informationen lassen sich nicht unterdrücken in einer Gesellschaft, in der nach eigenen Angaben 23 Prozent der Bevölkerung sich in der Flüchtlingshilfe en­gagiert haben. Manch einer davon hat sicher nur seine Altkleider aussortiert. Trotzdem kennt wohl nahezu jeder irgendwen, der Kontakt zu Flüchtlingen hat. Und diejenigen, die diesen Kontakt ablehnen, werden sich ihre Horrorgeschichten ohnehin ausdenken, ihre Tweets lassen sich nicht aufhalten.
Deshalb gibt es keinen Grund, das Problem zu verschweigen, aber viele Gründe, darüber zu reden. Hasskriminalität muss man anprangern, egal ob sie von deutschen Nazis oder von Islamisten ausgeht. Wenn eine syrische Journalistin Welt-TV berichtet, dass sie im Flüchtlingsheim bedroht werde, weil sie im Ramadan nicht faste, dann sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, ihr Anliegen ernst zu nehmen und sich genauso für sie und andere in ihrer Lage einzusetzen, wie man das sonst für von Sexismus, Rassismus, Antisemitismus oder Muslimfeindlichkeit Betroffene auch tut.
Es ist auch nicht im Sinne dieser Frau und der meisten anderen Flüchtlinge, eine Sicherheitsüberprüfung zu unterlassen, wie es jüngst Ulla Jelpke (Die Linke) forderte. Anders als Jelpke glaubt, jagt man den vor Islamisten Geflohenen damit keine Angst ein. Angst müssten sie haben, wenn es eine solche Überprüfung nicht gäbe. Eine antirassistische Haltung bedeutet, Menschen jedweder Herkunft als gleich gegenüberzutreten. Wenn ein syrischer Flüchtling ­einer Helferin sagt, er lasse sich von einer Frau nicht unterrichten, wie es jüngst der Schrift­steller Rafik Schami berichtete, dann muss die Reaktion darauf die gleiche sein, wie wenn uns ein deutscher Nachbar so etwas offenbaren würde.
Allerdings scheinen weltanschauliche Konflikte den geringeren Teil der Gewalt hervorzurufen. Weit häufiger wird die Art der Unterbringung als Grund genannt. Wer würde nicht aggressiv, wenn er den ganzen Tag untätig mit hunderten Anderen auf engstem Raum säße. Aber warum ­eigentlich untätig? Es gibt doch so viel zu tun. Warum geben emsige Hausfrauen Essen aus, schleppen Kisten und sortieren Kleidung – und die Heimbewohner stehen gelangweilt daneben? Ein Berliner Szeneclub veranstaltete kürzlich einen Benefizdinner zugunsten »grenzdekonstruktivistischer Hand- und Kopfarbeit«. Was immer das genau heißt, laut Ankündigung hatte es mit »Refugees« zu tun, von denen war dort aber weit und breit keine Spur. Freunde finden sich zusammen, um Flüchtlinge zu bekochen. Fahrradwerkstätten flicken ihnen bereitwillig die Schläuche – als wären sie Kinder und nicht Menschen, die sich mutig gegen Diktatoren gestellt haben. Auch das kann aggressiv machen.