Ansichtssache

Wer dachte, Jeremy Corbyn könnte den »rechten Flügel« der britischen Labour-Partei nicht noch weiter verärgern, lag falsch. Mit Seumas Milne hat Corbyn einen Journalisten mit als »radikal links« geltenden Ansichten zum Direktor für Strategie und Kommunikation berufen. Vor seiner Berufung war Milne als Kolumnist und Redakteur beim Guardian beschäftigt, wo er sich mit seinen Anschauungen nicht zurückhielt. Naomi Klein etwa ist Fan von Milne und findet, dass er die britische Tageszeitung zu einem globalen Diskussionsforum gemacht habe. Mitglieder der Labour-Partei und andere Beobachter kritisieren allerdings, dass ein Kommunikationsdirektor nicht für seine persönlichen politischen Ansichten bekannt sein sollte.
Milne ist scharfer Kritiker des »neoliberalen Kapitalismusmodells« und fordert die Verstaatlichung aller Banken. Die »Spooks«, wie er die Geheimdienste bezeichnet, und das Militär unterminieren seiner Meinung nach die Demokratie und agieren ausschließlich im Sinne von globalen Unternehmen. Für Milne ist Terrorismus eine Folge des Agierens des britischen Staates. Würde nicht das britische Militär Verbrechen gegen Muslime in aller Welt begehen, gäbe es keine Terroranschläge auf britischem Boden, so seine Argumentation. Das gelte natürlich auch für die USA, die sich 9/11 selbst eingebrockt hätten, oder für Frankreich mit Charlie Hebdo. Er wirft den Medien vor, eine Hetzkampagne gegen Muslime zu führen, die zu Gewalt gegen diese führe. Über Mahmoud Ahmadinejad sagte Milne, dass er für die Unabhängigkeit des Iran eintrete, Korruption aufdecke und den Ölreichtum des Landes nutze, um die Gehälter der Ärmsten des Landes aufzubessern. Nur berichteten die westlichen Medien nie darüber, sondern konzentrierten sich darauf, dass der ehemalige ira­nische Präsident den Holocaust leugnet. Israel wird Milne zufolge vom Westen finanziert und bewaffnet, besetze das Land, das eigentlich den Palästinensern zustehe, und kolonisiere und enteigne diese. Gegen die militärische Aggression, die regelmäßig von Israel ausgehe, müssten sich die Palästinenser verteidigen dürfen und sollten darin unterstützt werden. Auch Russlands Annexion der Krim sei reine Selbstverteidigung gewesen, um zu verhindern, dass die Ukraine vom »westlichen Camp« eingenommen werde. Da kann man die weiteren kommunikativen Meisterleistungen Milnes ja nur mit Spannung erwarten.