Ticket zum ­Unglück

Dass der Kapitalismus nicht ganz sauber tickt, merkt man nicht nur an den exorbitanten Preisen für zum Beispiel Druckertinte, die nach wie vor teurer als der teuerste Champagner ist. In schneller Folge haben die Frankfurter Verkehrsbetriebe ihre Ticketpreise erhöht – das Einzel­ticket kostet jetzt sagenhafte 2 Euro 75 und erreicht damit bald ähnlich lyrische Verhältnisse wie in Hamburg oder München, wo man zum Preis einer einzelnen Fahrt mit Volkseigentum ebenso gut zehn Liter Dosengulasch erstehen könnte, oder einen Hamster, oder einen schönen Klingelton. Aus jeder einzelnen Ziffer dieser 2 Euro 75 spricht die reine Perfidie. Nicht nur, dass Gelegenheitsnutzern der öffentlichen Verkehrsmittel – im wesentlichen also alle Nichtangestellten – klar ihre Nichtswürdigkeit vor Augen geführt wird (wer keiner geregelten Arbeit nachgeht, hat in der Öffentlichkeit nichts zu suchen), nein, die Berechnung des Ticketpreises auf das 5-Cent-Stück genau sorgt noch für individuelle Demütigung bei jedem einzelnen Kauf. Wirft man drei Euro hinein, hat man schon nach drei Fahrten das Portemonnaie voll nutzlosem Kleingeld; dies wiederum bläht die Hosennähte, lässt das Beinkleid vor der Zeit ausbeulen und schafft so noch einmal Mehrkosten. Wirft man hingegen centgenau abgezählte Beträge in den Automaten, dauert der Vorgang entsprechend lang. Infamerweise bricht der Automat nach einer gewissen Zeit den ganzen Vorgang ab und spuckt all die bisher eingeworfenen Münzen wieder aus; man muss also in panischer Hast Münze um Münze einwerfen. Ist man dabei jedoch zu schnell, greift wieder ein anderer Schutzmechanismus, der den Vorgang ebenfalls abbricht. Ich habe deswegen schon ungezählte Fahrten verpasst. Kapitalismus, das geht zu weit!