Joghurtposse

Nationalgetränk. Es ist ein schreckliches Verbrechen, das sich in der Türkei ereignet hat. Der Täter: Çaykur, ein staatliches Tee-Unternehmen. Um den Eistee Didi zu bewerben, ihm mittels eines Werbeclips womöglich ein frisches, gar etwas aufmüpfiges Image zu verleihen, heuerte die Firma den seit gut anderthalb Jahrzehnten umtriebigen Rapper Ceza an, den man hierzulande durch seine Zusammenarbeit mit Eko Fresh, Afrob und Samy Deluxe kennt. Und dann sondert Ceza vor der Kamera eine folgenschwere Zeile ab: »Ich habe Ayran getrunken, das hat mich einschlafen lassen.« Skandal! Das Handelsministerium brummt dem Getränkehersteller eine Geldstrafe von umgerechnet 70 250 Euro auf, weil »Ayran grundlos beleidigt« worden sei und den Konsumenten die »schlechte Botschaft« vermittelt werde, sie sollten weniger davon trinken. Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan hatte Ayran 2013 in den Rang eines Nationalgetränks erhoben und wollte die Bevölkerung dazu anhalten, eher zum Ayran als zum Raki zu greifen.   oko
Nachruf
Skug. »25 Jahre Selbstausbeutung sind genug«, sagt Alfred Pranzl. Er ist Herausgeber des Österreichischen Magazins Skug, das sich im Untertitel bescheiden »Journal für Musik« nennt. Bescheiden, weil es in den vergangenen 104 Ausgaben immer um mehr als nur Musik ging – wer das Wort Popdiskurs in den Mund nahm, musste immer auch von Skug sprechen. Pranzl sagt, er habe die Notbremse gezogen – nicht zuletzt, weil unter den gegenwärtigen Umständen eine Qualitätssicherung nicht mehr zu gewährleisten war, der eigene Anspruch unterlaufen wurde. Von prekären Lebensumständen ist die Rede, deren Zumutungen über die Jahre gewachsen seien und mit denen viele der Autoren und Redakteure von Skug zu kämpfen haben. Es ist bedauerlich, Skug wird es künftig nicht mehr im Print geben. Online wird das Magazin weitergeführt, der angegliederte Verein auch zukünftig Veranstaltungen organisieren. Trotz allem wird mit dieser bedeutsamen Stimme der Auseinandersetzung über Pop also noch zu rechnen sein.    oko
Erinnerungskultur
Avitall Gerstetter. »Rozsika, meine Großtante, wurde im Alter von sieben Jahren in Auschwitz ermordet. Ihr und den vielen Opfern dieser Zeit ist dieser Comic gewidmet«, schreibt Avitall Gerstetter im Einleitungstext von »Roszika«, einer Graphic Novel, deren erste Episode am 9. November, dem Tag der Pogrome 1938, als Beilage aus der Tageszeitung Welt herausflatterte. Gerstetter arbeitet in der Synagoge in Berlin-Mitte, als erste Kantorin Deutschlands. Es geht ihr darum, »was aus meiner Großtante und den anderen Akteuren dieser Erzählung geworden wäre, wenn es dieses Grauen nicht gegeben hätte«. Interessant ist auch Gerstetters Idee zur Fortführung der Geschichte. Im Anschluss an die Veröffentlichung der ersten Episoden, wahrscheinlich in verschiedenen Medien, soll ein Blog eingerichtet werden, auf dem »junge Menschen ihre Ideen einbringen und Biographien von anderen Menschen aus dieser Zeit recherchieren«.    oko
Alle Polizisten sind...
Tarantino. Quentin Tarantino bestreitet, auf einer Demonstration in New York Polizisten pauschal als Mörder bezeichnet zu haben. Was die Polizeiverbände von New York und Philadelphia sowie den Dachverband der Polizeigewerkschaften jedoch nicht davon abhält, zum Boykott aufzurufen. Parallel schwadronierte Bill O’Reilly auf dem konservativen Sender Fox News darüber, Tarantino habe seine Karriere ­ruiniert, und die Vertreter zahlreicher Medien begannen, das Werk des Regisseurs nach Anhaltspunkten für dessen Gesinnung und sein Verhältnis zu Gewalt zu durchstöbern. Tarantinos jüngster Film, der Western »The Hateful Eight«, wird in Kürze anlaufen. Ob sich Polizisten unter den Zuschauern befinden werden, ist bislang ungewiss.   oko