»Das Polizeipräsidium kommt zu günstig weg«

Ungefähr 500 Demonstranten setzte die Polizei im Zuge der M31-Proteste 2012 in Frankfurt in einem Kessel fest. Das war nicht nur unrechtmäßig, wie mittlerweile gerichtlich festgestellt wurde, die Eingekesselten haben auch Anspruch auf Entschädigung – doch nicht mehr lange. Ein Vertreter der Roten Hilfe, Ortsgruppe Frankfurt am Main, hat mit der Jungle World gesprochen.

Wie hoch liegt der Stundenlohn für einen Eingekesselten?
Um beispielsweise 500 Euro zu erhalten, muss man während der M31-Proteste 2012 ungefähr bis ein Uhr nachts festgehalten worden sein. Man muss also nicht nur die Kesselung mitgemacht haben, sondern auch die Gewahrsamnahme. Einen tatsächlichen Stundenlohn auszurechnen, ist schwer. Denn wer zu früh wieder freigelassen wurde, erhält gar kein Geld. Man muss also eine Art Mindestbonuspunkte gesammelt haben, um eine Prämie zu bekommen.
Wie schwierig ist es, an die Entschädigung zu kommen?
Das ist sehr einfach. Man muss lediglich eine E-Mail an uns schreiben. Die Adresse lautet m31-kessel@riseup.net. Wir schicken dann Formulare zurück, die auszufüllen sind. Man trägt also unter anderem die Kontodaten ein, gibt eine Uhrzeit zum Vorfall an und fordert eine Entschädigungssumme. Ganz wichtig ist aber: Die Frist läuft am 31. Dezember 2015 ab. Danach kann man keine Entschädigungsforderung mehr geltend machen.
Wie viele Leute haben sich schon um Entschädigung bemüht?
Die Zahl der Leute ist leider sehr überschaubar. Von fast 500 eingekesselten Demonstranten haben bisher ungefähr 60 eine Entschädigung erhalten. Weitere 100 haben sich bei uns gemeldet. Wir haben seitdem aber nichts mehr von ihnen gehört. Vielleicht haben sie schon Geld erhalten. Insgesamt ist bis jetzt also nur ein Viertel der Eingekesselten tätig geworden. Da kommt das Polizeipräsidium Frankfurt viel zu günstig weg.
Kessel sind ein beliebtes Mittel der Polizei. Vor Gericht werden sie gelegentlich als rechtswidrig eingestuft. Hat das Auswirkungen auf die Arbeit der Polizei?
Nein, auf keinen Fall. Der Kessel bei M31 2012 wurde in erster Instanz als völlig rechtmäßig beurteilt. In zweiter Instanz wurde zwar eine Unverhältnismäßigkeit festgestellt, Einkesselungen wurden aber nicht grundsätzlich beanstandet. Man kann davon ausgehen, dass es der Polizei vollkommen gleichgültig ist, wenn eine solche Maßnahme im Nachhinein für unrechtmäßig befunden wird.