Die Rekrutierungskampagne der Bundeswehr

Mach was!

Nicht nur bei der Kriegsführung hat die Bundeswehr Probleme. Auch ihre PR-Arbeit steckt voller Tücken.

Allein für den geplanten Einsatz gegen den »Islamischen Staat« benötigt die Bundeswehr bis zu 1 200 Soldaten – doch die deutsche Armee hat Probleme bei der Nachwuchsrekrutierung. Denn als Arbeitgeber ist sie wenig attraktiv. Was also liegt näher als eine kleine PR-Kampagne? Als Werbemensch hat man es mit einem solchen Kunden freilich nicht leicht. Über die Bundeswehr spotten ja selbst diejenigen gerne, die an deren Existenz nichts Grundsätzliches auszusetzen haben. Da muss man von vornherein damit rechnen, dass die Kampagne zwar »viral geht«, wie man heutzutage sagt – aber eben nicht in die gewünschte Richtung.
Vielleicht ist das der Grund, warum die Macher der jüngsten Rekrutierungsaktion unter dem Motto »Mach, was wirklich zählt« nicht allzu viel Originalität an den Tag legen – da hilft es auch nichts, dass ihnen das Branchenblatt »Horizont« attestiert: »Für die Kampagne haben die Castenow-Kreativen das klassische Flecktarn neu interpretiert.« Es gibt ein genregemäßes Action-und Kameradschaftsfilmchen mit Stahlporno (Spoiler: »Top Gun« war besser), dazu Plakate mit Sprüchen, die ihre Schöpfer vermutlich am Freitagnachmittag kurz vor Feierabend erdacht haben. »Wahre Stärke findest du nicht zwischen zwei Hanteln«, heißt es da etwa, womit die Zielgruppe immerhin klar benannt ist. An wen sich der Slogan »Wir kämpfen auch dafür, dass du gegen uns sein kannst« richten soll, ist weniger ersichtlich; man möchte bloß hoffen, dass sich
nicht junge Afghanen im Ausbildungsprogramm der Bundeswehr gemeint fühlen, die noch überlegen, ob ihnen die Taliban nicht bessere Perspektiven bieten.
Angesprochen fühlte sich auf jeden Fall die Berliner Politkunstgruppe »Peng Collective«. Gleichzeitig mit der Bundeswehr-Kampagnenseite www.machwaswirklichzaehlt.de stellten sie eine eigene Website online, die nicht nur mit ihrer URL www.machwaszaehlt.de dem Original ähnelt. Die vermittelte Botschaft ist allerdings eine andere, klassisch antimilitaristische. Wer sich beim Googeln nach Karrierechancen bei der Bundeswehr auf die Seite verirrt, erfährt, dass Krieg kein Abenteuerspielplatz ist und dass sich Nazis naturgemäß beim Militär wohlfühlen. Nicht fehlen darf natürlich auch der Hinweis auf die außenpolitischen und wirtschaftlichen Interessen, deren Durchsetzung die Bundeswehr diene.

Alles keine neuen Erkenntnisse, die aber in den sozialen Medien auf große Zustimmung stießen, wo unter dem Hashtag #machwaszaehlt Imitate der Originalplakate mit Slogans wie »Wir kämpfen auch dafür, töten zu dürfen« verbreitet werden. Die Google-Bildersuche liefert mittlerweile mehr Motive der Anti-Kampagne als solche der Bundeswehr, und zwar egal, ob man unter »mach was zählt« oder »mach was wirklich zählt« sucht. Nicht alle finden das witzig. Christine Dankbar von der Berliner Zeitung etwa, die die Truppe für ihre »wichtigen Auslandsmissionen« lobt (und als Beispiel ausgerechnet den Kosovo-Krieg anführt). Und bei der Welt schäumte man gar: »Gefälschte Website hetzt gegen Bundeswehr-Kampagne«. Insgesamt kann man von einem klaren Punktsieg für das Peng Collective sprechen, der Agentur Castenow hingegen sei gewünscht, dass sie künftig dankbarere Aufträge an Land zieht – von VW oder der Fifa zum Beispiel.