Salafisten organisieren Halal-Messen

Das Halali der Glaubensschwestern

Auch in Hamburg soll im März eine »Halal-Messe« stattfinden. Sie wird von denselben salafistischen Kreisen organisiert wie eine ähnliche Messe in Köln im November.

Wird Hamburg bald »halal«? Zumindest soll dort am 5. März unter dem Motto »Frühlingserwachen« eine »Halal-Messe« für Frauen stattfinden, wobei »halal« für die Veranstalterinnen »islamkonform« bedeutet. Die Werbekampagne für die Veranstaltung läuft bereits. Eine für denselben Tag geplante Messe für die »Brüder« wurde wieder abgesagt. Auf 13 000 Quadratmetern sollen in Barmbek-Nord 60 Aussteller zu sehen sein. Der Vertrag sei geschlossen, teilten die Veranstalterinnen mit, der genaue Ort werde noch bekanntgegeben.
In der Facebook-Gruppe »Halal Messen A&E Events« heißt es auch diesmal wieder unverfänglich: »In einem Luxusambiente zusammensitzen, schlemmen und shoppen!« Die Organisatorinnen setzen offensichtlich erneut auf die Masche, auf die sie bereits für eine »Halal-Messe« im November in Köln setzten: mit dem Wort »halal« und unverdächtigen Werbesprüchen zwar islamischer Kultur verhaftete, aber nicht sonderlich religiöse Frauen in einem entspannten Umfeld mit Islamistinnen zusammenzubringen – und, wie eine den Organisatorinnen nahestehende Userin öffentlich ausplauderte, sie vielleicht dazu zu bringen, endlich einen Hijab anzuziehen und sich Gott zu unterwerfen. So sollen durch entstehende persönliche Kontakte neue Mitglieder für das salafistische Netzwerk angeworben werden.

Ameni Mensing, die federführende Veranstalterin, hat es dabei nicht leicht. Erst hatten die »Fifis«, die »Hunde«, wie sie sie nennt, die Hintergründe der von ihr veranstalteten »Halal-Messe« in Köln öffentlich gemacht. Aber das konnte sie noch glaubwürdig für die Öffentlichkeit als die übliche Medienhetze gegen Muslime abtun. Dann fragte der Kölner Stadtanzeiger beim Verfassungsschutz nach und präsentierte die Ergebnisse: Die Organisatorin der Messe gehöre dem »salafistisch-extremistischen Spektrum« an und stehe dementsprechend unter Beobachtung. Dann klingelte immer wieder das Telefon des Vermieters der Halle am Kölner Stadtrand, in der die »Halal-Messe« stattfinden sollte. Journalisten wollten Auskunft zur geplanten Veranstaltung – bis der Betreiber Mensing kündigte. Dennoch fand sie für den 14. November eine neue Halle im Raum Köln. Zudem zahlte sich ihr »Gottvertrauen« aus, wie sie freimütig bekanntgab: Wegen der Anschläge von Paris sagte ein Bündnis aus ideologiekritisch-antifaschistischen Gruppen, unterstützt vom in Köln ansässigen Zentralrat der Ex-Muslime, eine geplante Demonstration gegen die Messe noch in der Nacht ab.
Trotzdem gelang der von Mitgliedern des salafistischen Netzwerks »Akhauat fi Deen« (»Schwestern im Glauben«) geplante Coup nicht. Als harmloser »Wellness- und Shopping-Tag« unter »Schwestern« war die Veranstaltung zunächst beworben worden. Nach den Reaktionen auf Facebook zu urteilen, verfing diese Strategie anfänglich: Viele nichtsalafistische muslimische Frauen hatten sich angekündigt und sich auf Tortenstände, Henna-Bemalung und folkloristischen Kitsch aus den Ländern gefreut, denen sie sich zugehörig fühlen.
Als die Veranstaltung aber sehr kurzfristig abgesagt und dann wieder angekündigt wurde, sprangen die ersten potentiellen Besucherinnen ab. Nachdem die Veranstalterinnen den Ort der Messe bis zum späten Vorabend der Eröffnung immer noch nicht in der internen Facebook-Gruppe veröffentlicht hatten, sagten weitere Interessentinnen wütend ab. Die Co-Organisatorinnen Nana Saadeih (Akhauat-fi-Deen-Regionalgruppe Köln/Bonn) und Nadia Takhripha (Akhauat-fi-Deen-Anlaufstelle Duisburg) sowie weitere Islamistinnen aus der Region bemühten sich, empörte Social-Media-Userinnen zu beruhigen. Als schließlich der intern veröffentlichte Schleusepunkt nur wenige Minuten später vom zu Protesten aufrufenden Antifa-Bündnis veröffentlicht wurde und die meisten Frauen das erste Mal von der Gegendemonstration erfuhren, brach regelrechte Panik aus. Aus Angst vor den »linken Chaoten«, »Islamhassern« und »Nazis« sagten weitere Personen ab. So traf sich am Ende wohl nur der harte Kern, um sich an 35 Messeständen statt der anfangs angekündigten 70 unterhalten zu lassen. Auch einigen islamischen und islamistischen Initativen, Kleingewerbetreibenden und salafistischen »Hilfsorganisationen« wie »Medizin mit Herz e.V.« war die Sache im letzten Moment offenbar zu heiß geworden.
Das Online-Portal »Salafiya Watch Köln/Bonn« hatte den Organisatorinnen besonders zugesetzt. Es hatte ausführliche Hintergrundberichte, personelle und politische Zusammenhänge sowie Screenshots von eigentlich intern getätigten Äußerungen der Salafistinnen veröffentlicht. ­Einige von diesen zeigten ihre Freude noch während der Pariser Anschläge mit Grinse-Smileys, eine andere bezeichnete das Massaker in Paris als einen »Sack Reis in China«. Alle gängigen islamischen und islamistischen Reaktionsmuster auf Anschläge wie diesen fanden sich in der geschlossenen Facebook-Gruppe der »Halal-Messe«: Von Muslimen als eigentlichen Opfern war die Rede, es gab Verschwörungstheorien zur Frage, wer hinter dem »Islamischen Staat« stehe. Manche Salafistin hinterließ auch offene Sympathiebekundungen für die Attentäter. Schuld waren für die Schreiberinnen an allem Übel in der Welt immer die anderen.
Ameni Mensing ist in dem Milieu kein unbeschriebenes Blatt: Seit längerem bietet sie unter »Hijama Deutschland« sogenannte Schröpfbehandlungen an, deren Vorzüge sich insbesondere daraus ergeben sollen, dass schon der Prophet sie gelobt hat. Weil in den betreffenden Kreisen medizinischer Fortschritt verpönt ist und als Mittel gegen Krankheiten vor allem Übersinnliches in Frage kommt, muss »Hijama« auch gegen alles helfen: Bei Sorgen und Ängsten, Verstopfung, Ärger mit dem Nervensystem, Besessenheit von Geistern, Verzauberungen und dem »bösen Blick« werden kleine Tassen oder Gläser mit Unterdruck auf die Haut gesetzt.

Die Anhänger der »Roqya« genannten Praktiken bauen ihre Netzwerke im Westen der Republik gegenwärtig aus. Um in der Szene bekannte »Raqis« wie den Dinslakener Mustafa ­Topal bilden sich sektenähnliche Zirkel, von deren Mitgliedern dem Bayerischen Rundfunk zufolge auffällig viele Reisen nach Syrien bekannt sind. Auch die »Akhauat fi Deen« unterstützen die »Roqya«-Kreise. Anfangs konzentrierten sich die Islamistinnen darauf, »Spendengalas« zur Finanzierung von Vollverschleierungsmaterial und »Koran-Schulen« in Syrien zu veranstalten, zusammen mit den ebenfalls vom Verfassungsschutz beobachteten Vereinen »Medizin mit Herz e.V.« aus Hennef bei Bonn und »Helfen in Not« aus Neuss. Die alten Krankenwagen, die diese Organisationen in Deutschland aufkaufen, tauchen dann schon einmal mit aufmontiertem Maschinengewehr im Arsenal der al-Nusra-Front auf.