Die Terroranschläge in Jakarta

Angriff in der Hauptstadt

Von den Terroranschlägen in Jakarta lassen sich die meisten Indonesier nicht beunruhigen.

Es waren die schlimmsten Terroranschläge in Indonesien seit mehr als sechs Jahren. Insgesamt sechs Sprengsätze explodierten am Donnerstag voriger Woche nahe dem Einkaufzentrum Sarinah im Herzen Jakartas. Zwei der vier bewaffneten Angreifer sprengten sich selbst vor einem Polizeiposten nahe eines Cafés in die Luft. Bei den Angriffen kamen acht Menschen ums Leben, darunter die vier Terroristen, ein Polizist und ein Kanadier, es gab Dutzende Verletzte. Unweit von Sarinah befinden sich viele Botschaften und Regierungsgebäude.
Einen Tag nach den Anschlägen bekannte sich die Terrororganisation »Islamischer Staat« (IS) dazu. Die indonesische Polizei verdächtigt den ihr bereits bekannten Islamisten Bahrun Naim, Anführer des militanten Netzwerkes Katibah Nusantara, der Drahtzieher zu sein. Naim und seine Anhänger würden danach streben, alle militanten, dem IS nahestehenden Gruppen aus Malaysia, Indonesien und den Philippinen zu einen. Hunderte Islamisten aus diesen drei Ländern haben sich dem IS in Syrien angeschlossen, die Zahl der Indonesier in den Reihen der jihadistischen Organisation wird auf 700 geschätzt. Von mehreren Malaysiern ist außerdem bekannt, dass sie Selbstmordanschläge in Syrien verübt haben.

Naim hält sich derzeit im syrischen Raqqa auf, der de facto-Hauptstadt des IS. Bereits nach den Terroranschlägen in Paris im November hatte Naim seine Gefolgsleute über das Internet aufgerufen, ähnliche Taten in Indonesien zu begehen. Um ihre Nachrichten zu verbreiten, bedienen sich die Terroristen neuster Verschlüsselungstechniken, oft tappen die Strafverfolgungsbehörden daher im Dunkeln. Dennoch nahm die indonesische Polizei bereits zwei Tage nach den Anschlägen zwölf Personen in der Nähe von Jakarta sowie in West- und Zentraljava fest. Sie stehen im Verdacht, die Angriffe in Jakarta direkt oder indirekt unterstützt zu haben. Bei den vier identifizierten Selbstmordattentätern handelt es sich um Dian Juni Kurniadi, Ahmad Muhazab Saron, Afif, auch bekannt als Sunakim oder Sunardi, und Marwan, bekannt als Muhammad Ali. Die beiden letzteren waren bereits früher schon wegen terroristischer Straftaten inhaftiert. So war Afif wegen seiner Rolle in einem Ausbildungslager für Jihadisten in Aceh zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt worden, kam aber frühzeitig auf Bewährung frei.
Nach den verheerenden Anschlägen auf Bali 2002 und 2005, bei denen insgesamt über 220 Menschen starben, hatten die indonesischen Behörden sichtlich Erfolge in der Bekämpfung von militanten Islamisten erzielt. Unter anderem wurde die Spezialeinheit Densus 88 zur Terrorismusbekämpfung eingerichtet. Neben zahlreichen Festnahmen und Verurteilungen, bei denen mehrere Anführer die Todesstrafe erhielten, verfolgte der Staat auch Resozialisierungsprojekte für radikalisierte Anhänger diverser einheimischer Terrorgruppen, etwa der Jemaah Islamiyah. Verurteilte Terroristen nutzten einige Gefängnisse jedoch immer wieder als Indoktrinierungsanstalten.
Lange Zeit galt Indonesien als Vorzeigeland in Sachen Terrorbekämpfung, aber immer wieder bildeten sich neue kleine Terrorgruppen. Seit Jahren versucht die Polizei, Abu Wardah – besser bekannt als Santoso – zu fassen. Santoso, Anführer der militanten Gruppe Mujahidin Indonesia Timur, ist seit drei Jahren auf der Flucht und hat sich derzeit angeblich mit 40 Gefolgsleuten in Poso auf der Insel Sulawesi verschanzt. Im Visier der lokalen Terroristen stehen vor allem Polizisten, nun könnten wieder vermehrt ausländische Touristen zum Ziel werden.
Trotz der weiterbestehenden Terrordrohung muss festgehalten werden, dass die Sarinah-Anschläge eher schlecht organisiert und ausgeführt wurden. Die Mehrheit der über 16 Millionen Einwohner Jakartas verurteilte den Terror entschieden. Während in den ersten Stunden nach den Bombenanschlägen in den sozialen Medien Panik herrschte, kamen alsbald viele ironische Kommentare und Memes hinzu. Im Nu verbreiteten sich im Netz Nachrichten per Hashtag wie »Wir haben keine Angst« und »Jakarta ist mutig«.