Ein ehemaliger Funktionär der DKP kandidiert für die AfD

Der Genosse von der AfD

Robert Farle war jahrzehntelang Funktionär der DKP. Nun kandidiert er für die AfD in Sachsen-Anhalt.

Der Wahlkampf in Sachsen-Anhalt läuft. Umfragen zufolge steht die Alternative für Deutschland (AfD) bei etwa 15 Prozent der Stimmen. Der Zuspruch zu den Versammlungen der AfD ist dementsprechend groß. So kamen im Januar über 100 Besucher in die Gaststätte »Scharfe Ecke« in Sangerhausen, um den Landtagskandidaten Robert Farle zu erleben.
Farle, der im Saalekreis kandidiert, traf nach einem Bericht des Portals »msh-online« den richtigen Ton: Für die meisten Flüchtlinge sei »unser Kultur- und Zivilisationsniveau absolut unverständlich«. Im Zug der Familienzusammenführung zögen »pro Person mindestens vier Angehörige« nach. »Dann werden es sechs Millionen sein.« Und wie Farle folgerte, würden »70 bis 80 Prozent der Menschen, die zu uns kommen, in unser soziales Netz fallen«. Der Sozialstaat könne da nicht mehr mithalten. Mit vermeintlich sozialen Argumenten die Bedrohung Deutschlands durch Massenzuwanderung beschwören – das ist Farles Masche.

Das ist im sachsen-anhaltinischen Wahlkampf nicht besonders originell, reicht aber für die AfD. Bei den Vorstandswahlen im Landesverband Sachsen-Anhalt konnte sich Farle im vergangenen September gegen das ehemalige FDP-Mitglied Hans-Thomas Tillschneider durchsetzen und wurde Schriftführer. Farle distanzierte sich von seiner etwa 20jährigen DKP-Mitgliedschaft und Funktionärstätigkeit. Einem Bericht der Magdeburger Volksstimme zufolge sagte er: »Deutschland muss Deutschland bleiben. Ich will nicht in 30 Jahren von den Amerikanern oder einer islamischen Regierung gesteuert werden.« Seine frühere Treue zur Sowjetunion sei ein Fehler gewesen. Eine gewisse Sympathie für Russland hegt Farle aber noch. »Deutschland hat in der Zusammenarbeit mit Russland Riesenperspektiven. Doch genau diese sollen zerstört werden. Wir wären ein ernsthafter Konkurrent für die USA«, sagte der Politiker während der Wahlkampfveranstaltung in Sangerhausen.
Farle gehörte jahrzehntelang zum Funktionärskader der DKP. Er war während seines Studiums Leiter der DKP-Hochschulgruppe Bochum, gehörte später in der DKP-Hochburg Gladbeck zu den führenden Vertretern der Partei und fungierte sogar als deren Fraktionsvorsitzender im Stadtrat. Der WAZ zufolge prägte Farle »in Gladbeck das Gesicht der DKP«. Auch in der Friedensbewegung betätigte sich der Politiker an prominenter Stelle. Nach dem Zusammenbruch der DDR 1989 endete auch deren Sponsoring für die DKP, viele Gliederungen brachen zusammen, anderswo gelang eine Stabilisierung auf niedrigerem Niveau – wie in Gladbeck. Farle, von Beruf Steuerberater, ging nach 1989 nach Halle an der Saale und baute sich eine erfolgreiche Kanzlei auf.

Der Gladbecker DKP-Stadtrat Gerhard Dorka, der Farle aus alten Tagen kennt, sagte der WAZ, von der neuen politischen Betätigung des ehemaligen Genossen gehört, aber seit Jahrzehnten keinen Kontakt mehr zu haben. Auf der Homepage der DKP Gladbeck wird über Farle kein Wort verloren. Ralf Michalowsky von der Linkspartei Gladbeck, die sich als Konkurrenz der DKP in der Stadt versteht, findet hingegen klare Worte: »Irgendwie hat Farle bei der Kaderschulung nicht aufgepasst oder seine Tätigkeit als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in Halle hat ihn den Verstand gekostet.«
Dabei hätte Michalowsky auch Anlass, sich über eine ehemalige leitende Funktionärin seiner eigenen Partei auszulassen: Christine Ostrowski, die ehemalige stellvertretende Bundesvorsitzende der PDS, Bundestagsabgeordnete der PDS und der »Linken« sowie in Dresden bis zu ihrem Austritt 2008 leitende Kommunalpolitikerin der Partei. »Aber nun, sorry, nun wähle ich AfD«, schrieb sie Anfang Februar in einem Posting auf Facebook. In einem anderen kritisierte sie die Aufnahme von Flüchtlingen: »Mein Gott, was wir uns hier importieren!« Ostrowski stand lange für eine Querfrontstrategie, die die PDS beziehungsweise »Die Linke« mit Rechten und extremen Rechten ins Gespräch bringen sollte. Nun ist sie ganz rechts angekommen.